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Hybridisation als Evolutionsfaktor?



Alexander Wilhelm:   vielen dank für diese Information
(23.04.2024, 14:09)
th.oma.s:   Na ja ich sah ihn ja nur und kenne nur die Erlüuterungen vor Ort. Das Tier war etwas größer als ein Malayenbär und hatte eine Kragenbärzeichnung. Also konkurenzfähig in Bezug auf Malayenbär, zur Reproduktionsfähigkeit habe ich keine Kenntnis. VG
(22.04.2024, 16:52)
Alexander Wilhelm:   dass ist insofern interessant, als dass das Tier unter natürlichen umständen entstanden ist, während die von mir genannten hybriden in der Natur, oft schon allein aus zoogeographischen gründen , nicht auftreten. Schätzen sie dass von ihnen gesehene Tier denn als "konkurrenzfähig " mit den lokalen Bärenarten ein ? Ist bekannt, ob der Hybrid reproduktionsfähig ist ?
(22.04.2024, 16:34)
th.oma.s:   Ich habe kürzlich in Phnom Tamao in Kambodcha einen Hybrid aus Malayen- und Kragenbär gesehen der nach Angaben der Betreuer aus der Wildbahn stammt.
(19.04.2024, 15:19)
Alexander Wilhelm:   im national zoological gardens game breeding center, Südafrika, gelang eine weitere übberaschende hybridzucht: zwischen Breitmaul und Spitzmaulnashorn.
(19.04.2024, 14:21)
Alexander Wilhelm:   Darüber hinausgelang meines wissens bereits die hybridzucht zwischen afrikanischen und asiatischem elefant sowie die hybridzucht zwischen puma und leopard , in beiden fällen arten, die nicht sonderlich nah mit einander verwand sind!
(24.03.2024, 13:19)
Alexander Wilhelm:   laut dem Wikipedia Artikel zu Ursid hybriden gelang eine Hybridzucht zwischen Kragenbär und Brillenbär, ungeachted der systhemathischen Isolation des letzteren
(23.03.2024, 14:58)
W. Dreier:   "Graustorch" -interessant ! Es gab in den USA einen Versuch, die Anzahl der Schreikraniche zu erhöhen - wollte speziell die Verluste durch die Herbstzüge vom Sklavensee zur texanischen Küste vermindern. Also: Eier wurden Kanadakranichen "untergeschoben", die "auf halber Höhe " brüteten - also kürzere Entfernung. Resultat: die Schreikraniche kamen "verhaltensbiologisch§ durcheinander ! Man ließ schnell von dem Versuch ab. Geglückt haben soll das Experiment, direkt Versuche mit Schreikranichen im Süden zu machen (Lousiana glaube ich)
(19.07.2023, 21:48)
Michael Mettler:   Meiner Erinnerung nach an einen Artikel im "Zoologischen Garten" (mit Fotos) hatte der Zoo Magdeburg zu DDR-Zeiten unerwartet Hybriden aus Serval und Europäischer Wildkatze, nachdem man Jungtiere beider Arten mit der Flasche aufziehen musste und später zusammen im gleichen Gehege beließ. Man nannte die Mischung dort "Serka". Es ist also nicht etwa ein Eingriff durch künstliche Besamung notwendig, die beiden Arten kommen schon von allein auf die Idee ;-)
(13.12.2020, 10:16)
W. Dreier:   zu groß - jetzt Falbkatze
(13.12.2020, 09:36)
W. Dreier:   Wäre interessant! Wenn sicher sich auch ``Biotop`` und Tages-/Nachtverhalten differenzieren.
Anbei südafrikanische Falbkatze.
(13.12.2020, 09:32)
Michael Mettler:   P.S. Um das Thema Evolution nicht aus den Augen zu verlieren: Falbkatze (als Hauptvorfahr der Hauskatze) und Serval teilen sich in Afrika weite Teile ihres Verbreitungsgebietes. Ob die dabei auch ohne menschliche Einwirkung wirklich auf jeweils lückenlose Reinblütigkeit geachtet haben...?
(13.12.2020, 08:45)
Michael Mettler:   @Oliver Müller: Na ja, ginge man nach der Veranlagung, hätten auch Rauhaardackel und Jack-Russell-Terrier nichts in Stadtwohnungen und im Freilauf zu suchen, und die brauchen dazu nicht mal Wildtiereinkreuzung...

Auslöser der Wildkatzeneinkreuzungen in Hauskatzen war m.W. der Versuch, vor allem die Fellzeichnung der jeweiligen Wildart in die Hauskatze einzubringen, um eine Privathaltung von "Wildkatzentypen" in Ländern/Gegenden zu ermöglichen, wo die Haltung echter wilder Katzen verboten oder nur unter sehr hohen Auflagen erlaubt ist. Daraus entwickelte sich nahezu zwangsläufig auch ein gewisser Kommerz, der allerdings bei reinrassigen Haustieren auch nicht gerade selten ist. Ich weiß nicht, wie es bei den anderen Kreuzungsprodukten aussieht, aber Bengal und Savannah werden m.W. über Verdrängungszucht gezüchtet; die Ursprungskreuzung bleibt dann die einzige, an der die Wildart beteiligt ist, und je nach Gesetzeslage zählen die Folgegenerationen erst ab einem gewissen Punkt als Hauskatzen, vorher noch als Wildhybriden (irgendwo - Deutschland? USA? - wird z.B. die 5. Generation als Grenze festgelegt).

Der praktische Nutzen solcher Zuchten eine domestizierten Alternative zur echten Wildkatze kann (!) schlichtweg darin bestehen, die Nachfrage nach Wildtieren zur Liebhaberhaltung zu reduzieren. Ich bin bei solchen Dingen nicht mehr auf aktuellem Stand, aber früher sollen z.B. die USA ein großer Markt für Ozelot & Co. für Liebhaberhaltung gewesen sein.

In welchem Maße Pseudo-Wildkatzen im Freigang gehalten werden und die Vogelwelt stärker bedrohen als "normale" Hauskatzen, bleibe dahingestellt. Schon allein der relativ hohe finanzielle Wert wird viele Halter davon abhalten (wie übrigens auch bei entsprechend wertvollen "normalen" Rassekatzen), ihren Tieren unkontrollierten Freilauf zu gewähren.

"Jedermannstiere" sind es ohnehin nicht. Ich habe mich mal mit einer Züchterin der Rasse Bengal unterhalten, wie die Ansprüche dieser Katzen aussehen. Nach ihren Erfahrungen nutzen sie die Räumlichkeiten in allen Dimensionen, klettern also extrem viel, was in vielen Haushalten eher hinderlich sein dürfte. Die Züchterin erzählte, in ihrer Wohnung überall dicke Taue unter der Zimmerdecke gespannt zu haben, um ihren Katzen möglichst viel Bewegung in luftiger Höhe bieten zu können. Ich behaupte, so manches Kleinkatzen-Zoogehege bietet seinen Bewohnern schlechtere Möglichkeiten...
(13.12.2020, 08:40)
Liz Thieme:   Gerade bei FB gesehen: Hybrid eines Kleinen Mörderwals und eines Großen Tümmlers im Sea Life Honolulu. Sie ist später Mutter geworden, das Zuchtmännchen der ein Großer Tümmler.
(11.12.2020, 15:42)
Oliver Muller:   @Michael Mettler: ich meinte jetzt eher die gezielte Zucht von solchen Hybriden als Haustier. Wildkatzenmischlinge in der Stadtwohnung (oder Vögel wildernd im Freigang) finde ich nicht sinnvoll...
(10.12.2020, 23:34)
Michael Mettler:   @Oliver Müller: Das ist eine Frage der Sichtweise. Im Grunde zählen Hybriden zur Biodiversität, wenn sie durch natürliche Paarung entstehen, oder? Wenn sie evolutionäre Sackgassen sind - also z.B. unfruchtbar - richten sie ohnehin keinen "Schaden" an, und wenn sie positive Eigenschaften in die Evolution einbringen (innerartlich spräche man wohlwollend von "Blutauffrischung"), könnte der biologische Nutzen größer sein, als es das menschlich-wissenschaftliche "Reinheitsgebot" zulässt. Warum also sollte man solche Tiere nicht in Zoos zeigen, wenn man doch Biodiversität vermitteln will?
(10.12.2020, 21:10)
Oliver Muller:   @Michael Mettler: das stimmt, aber braucht man so was?
(10.12.2020, 20:00)
Michael Mettler:   ... wobei anzufügen wäre, dass einige davon nicht etwa nur Gelegenheitskreuzungen sind/waren, sondern bereits seit Jahren anerkannte und seit Generationen durchgezüchtete Hauskatzenrassen (z.B. Bengal und Savannah).

@cajun: Dann sind die Dortmunder Eidersäger einer der seltenen Fälle, in denen ein Zoo in jüngerer Zeit ganz bewusst Arthybriden in den Bestand genommen hat (bzw. in diesem Fall sogar Gattungshybriden)...
(10.12.2020, 08:15)
W. Dreier:   Aus ``leszoosdanslemonde`` einige ``Zuchten von Hauskatzen mit anderen `Klein-Feliden - muß ich nicht übersetzen:

Le Bengal : chat domestique × Chat-léopard du Bengale
- Le Chausie : chat domestique × Chaus
- Le Savannah : chat domestique × Serval
- Le Safari : chat domestique × Chat de Geoffroy
- L'ussuri : chat domestique x Chat-léopard de Sibérie
- Le caracat : chat domestique x caracal
- Le Bristol : chat domestique x margay
- Viverral : chat domestique x Chat viverrin
- L'ashera : chat domestique x serval x Chat-léopard du Bengale
(09.12.2020, 18:29)
cajun:   @Michael Mettler: Ich habe das nicht beobachtet. In meiner Erinnerung "lagen sie immer auf einem Haufen", also die vier Vögel unter sich. Meine allerdings auch, dass es Schlupfgeschwister gewesn sind. Die Elternarten waren zu dem Zeitpunkt m.E. nicht im Zoo vertreten. Die Tiere kamen über einen privaten Züchter.
(09.12.2020, 13:38)
Michael Mettler:   @cajun: Weißt du etwas über das Verhalten der "Eidersäger"? Blieben die am liebsten unter sich (hätten dann also quasi eine eigene "Art-Identität" entwickelt) oder versuchten sie, andere Partnervögel zu finden? Sie wurden bei meinem damaligen Besuch auf dem großen Teich gehalten, hätten also wohl einige Auswahl gehabt. Ich erinnere mich nicht, ob eine oder beide Elternarten ebenfalls dort gehalten wurden.
(09.12.2020, 08:01)
Liz Thieme:   Hübsches Resultat. Allerdings müssten sie nun noch zeugungsfähig sein, um relevant für die Evolution zu sein, so wie bei den Krokodilen auf Kuba, s.u.

Die von dir, Michael, 2010 überlegten Natur-Hybride aus Grizzly und Eisbär gibt es ja inzwischen. Ich gehe stark davon aus, dass dies die Entwicklung der Arten beeinflusst.

Es gibt zu dem Thema interessante Studien, aber für die habe ich gerade keine Zeit. Bin ja noch mit anderen beschäftigt.
(07.12.2020, 10:32)
Adrian Langer:   @Michael Mettler: Wo ein Wille ist ... :D
(07.12.2020, 09:55)
Michael Mettler:   Mir ist erst nach dem Posten der Groschen gefallen, woran mich die Farben und ihre Verteilung beim männlichen Mischling erinnern: an einen Graureiher. Der natürlich als Mitmischer nicht in Betracht kommt...
(07.12.2020, 08:52)
Michael Mettler:   ... und Elterart 2.

Die Mischlingsfotos entstanden übrigens im Oktober 2013, ist das zu dieser Jahreszeit bei Meeresenten schon Prachtgefieder oder noch Ruhekleid/Übergangszeit?
(07.12.2020, 08:30)
Michael Mettler:   Zum direkten Vergleich: Elternart 1...
(07.12.2020, 08:25)
Michael Mettler:   Und hier das weibliche Geschlecht.
(07.12.2020, 08:24)
Michael Mettler:   Die habe ich auch noch gesehen und kann ergänzende Bilder liefern, zweite Elternart war der Gänsesäger. Für meinen Geschmack eine optisch sehr attraktive Kreuzung, aber ich empfand sie eigentlich gar nicht so deutlich eiderentenähnlich, eher als etwas ganz Eigenes. Siehe die feine Wellenzeichnung beim nebenstehenden Erpel (Ganter? Garpel?).
(07.12.2020, 08:23)
cajun:   Beim Stöbern gefunden. Eidersäger. Der Zoo Dortmund hielt jahrelang zwei Paare auf dem großen Teich. Sie kamen über einen privaten Züchter in den Zoo und waren wie alle Entenvögel damals kupiert. Gefiedermäßig, auch in der Mauser, immer analog der einen Elternart Eiderente, Nachkommen hatten beide Paare nicht.
(06.12.2020, 11:31)
Michael Mettler:   Karaval (wer's noch nicht kennt: Karakal x Serval) ist aber auch schon keine neue Kreuzung mehr. Dieses Foto fand ich schon vor vielen Jahren im Net:
http://animal.memozee.com/view.php?tid=3&did=26239

Von der Afrikanischen Goldkatze gibt es doch eine gefleckte Morphe. Vielleicht sollte man die mal auf Serval-Gene untersuchen ;-)
(30.04.2017, 23:44)
Hannes Lueke:   Zu den Kleinkatzen, Hauskatze-Fischkatze ist im Moment im kommen
Aus Russland habe ich vor kurzem Bilder von einem Karaval bekommen. Das Jungtier war zum brechen schön. Jetzt als adultes Tier eher unspektakulär
(30.04.2017, 23:07)
W. Dreier:   A-propos Dreifach-Hybrid: im anthropologischen Institut von Straßbourg (habe ich etwa 1992 besucht, da damals dort die einzigen ``Weißbartmakis`` - damals noch albocollaris - lebten) befand sich ein ``Dreifach-Maki``, der damals schon 29 Jahre alt war. Ich erinnere mich noch an die Aussage des Chefs, Prof Rumpler, : ``Makis sind kompliziert: die, die die gleiche Chromosomenzahl haben, sehen untereinander völlig unterschiedlich aus und entsprechend haben gleichaussehende Makis völlig unterschiedliche Chromosomenzahlen.`` Prof. Rumpler ist ja der ``Aufsteller`` der Gattung Eulemur.
(30.04.2017, 18:42)
Michael Mettler:   Interessanter als eine Rückkreuzung wäre es gewesen, den Dreifach-Hybriden dann noch mit einer Rappenantilope zu verpaaren ;-)

Apropos Antilopenbastarde: Je nachdem, welcher Systematik man folgt, gab es in Zoos auch schon fruchtbare Gattungshybriden unter den Waldböcken. In Antwerpen war ein Bongo-Bulle mangels passendem Weibchen mit Sitatunga-Weibchen vergesellschaftet, woraus Mischlinge entstanden, deren Weibchen bei Verpaarung mit einem Sitatunga-Bock wiederum lebensfähige und fruchtbare Nachkommen ergaben. Intern bezeichnete man die Hybridgenerationen durch Zusammensetzen der ersten Silben der Elternarten damals als Bongsi, Sibongsi und Sisibongsi. Nach der 3. Generation wurde die Zuchtreihe m.W. abgebrochen, vermutlich, weil inzwischen Bongos verfügbar waren. Das letzte Exemplar habe ich Mitte der 80er noch in einem Absperrgehege in Planckendael gesehen.
(30.04.2017, 17:44)
W. Dreier:   @MM: zu letzterem Beispiel im Tierpark: soweit ich weiß, hat man die ``Spielerei`` abgebrochen, vielleicht noch eine ``Rückkreuzung`` mit den Ausgangsarten zu machen. Irgendwo in meinem Diaurwald habe ich Aufnahmen vom ersten Kreuzungstier - das ähnelte eher der Säbelantilope. An sich war auch das ein ``sexueller Unfall``, nicht eine geplante Kreuzung.
(30.04.2017, 17:24)
Michael Mettler:   Habe mir eben den Artikel rausgesucht, aus dem die Info zum Lippenbär-Malaienbär-Mischling stammte (dort gibt es auch ein Foto des Tieres), der erschien im hannoverschen ZOOFREUND Nr. 20 (1976) und es ging darin allgemein um Bärenhybriden. (Der Zoo Hannover hatte damals gerade einen jungen Eisbär-Braunbär-Mischling aus Salzburg als Spielkameraden für eine handaufgezogene Braunbärin erhalten; beide gingen meiner Erinnerung nach später an den Zoo Landau).

Neben Eisbär x Braunbär, was in der Zoowelt gar nicht so selten vorkam, und Lippenbär x Malaienbär werden dort noch folgende Hybriden erwähnt:
Braunbär x Baribal
Braunbär x Kragenbär
Eisbär x Kragenbär
Letztere gab es einmal in Hannover, sie wuchsen allerdings nicht auf. Wobei sich natürlich nicht beurteilen lässt, ob das an der Kreuzung an sich lag oder an einer Lebensschwäche, wie sie auch bei "reinen" Jungtieren vorkommen kann.

Im Artikel heißt es: "Die Mischlingsbären waren alle, soweit sie darauf untersucht wurden, fruchtbar." Damals waren noch keine Hybriden aus der Natur bekannt.

Was fertile Gattungshybriden allgemein betrifft, fällt mir neben den Hauskatzenhybriden eben noch der frühere Antilopenmix aus dem TP Berlin ein: Ein weiblicher Gattungshybride Addax x Säbelantilope brachte bei Verpaarung mit einer Arabischen Oryx lebensfähigen Nachwuchs.
(30.04.2017, 11:29)
Michael Mettler:   @Hannes: Muss nicht Grönland gewesen sein, wenn der Eisbär (bzw. seine Vorfahren) auch damals schon circumpolar verbreitet war und somit eine Kontaktzone zum Braunbären auch im nördlichen Asien hätte liegen können. Dann wäre die Distanz zu den Sunda-Inseln nicht so sehr viel größer als innerhalb der Art Tiger.

Eisbär-Braunbär-Mischlinge sind m.W. in beiden Geschlechtern fertil und wurden wohl auch schon unter sich verpaart weitergezüchtet. Unter Zoobedingungen gab es auch schon einen erfolgreich aufgezogenen Mischling Lippenbär x Malaienbär und m.E. auch Braunbär x Baribal. Der einzige Großbär, von dem ich noch nie etwas über Hybridisation gelesen habe, ist der Brillenbär, der als Kurzschnauzenbär schon immer etwas abseits in der Systematik angesiedelt wurde. Was allerdings einem Hybridisierungpotenzial nicht im Wege stehen muss. Im Freiland begegnet er keinen anderen Bärenart, und in Zoos wurde er vielleicht bisher zufälligerweise nie mit artfremden Sexualpartnern zusammen gehalten - auch die anderen Bärenmischlinge waren ja größtenteils nicht geplant und manche völlig unerwartet.

Die Hauskatze dürfte inzwischen gar nicht mehr in ihrer Gesamtheit als reiner Abkömmling der Falbkatze geführt werden, immerhin gab es bereits erfolgreiche Einkreuzung und Weiterzucht der Nachkommen mit (mindestens) Bengalkatze, Serval, Rohrkatze und Rotluchs. Bei der Hausziege wage ich zu bezweifeln, dass die in ihrer Gesamtheit "nur" domestizierte Bezoarziege ist, dafür gibt es m.E. zu viele (zumindest frühere) Kontaktmöglichkeiten entlaufener oder extensiv gehaltener Hausziegen mit anderen Wildziegen, und auch in dieser Verwandtschaft kreuzt sich ja fast alles problemlos und fruchtbar durcheinander - in europäischen Zoos gibt es z.B. Markhore und Westkaukasische Steinböcke mit Hausziegen-Vorfahren.
(30.04.2017, 09:14)
Hannes Lueke:   Ich verstehe den text so, dass man genetische Fußabdrücke von Polarbären in Malaienbären findet. Da die Tiere kein gemeinsames Verbreitungsgebiet haben bedeutet dies, dass Braunbär-Polarbär Hybride nicht steril waren und sich wiederum mit Malaienbären gepaart haben. Da die getesteten Tiere "rein" waren müssen eben die Malaienbär-Braunbärhybride (mit Polarbär-Schlag) ebenfalls fertil gewesen sein.

Eine neue Erkenntnis ist das nicht wirklich, da man von einigen Art-Kreuzungen bereits weiß, dass die Weibchen häufig ab der F1 Generation fertil sind und die Männchen ab F4 (bsp Katzen).
Meine erste Intention wäre die Systematik des Malaienbären zu überdenken, da man diesen in eine eigene Gattung verpackt hat wogegen Polar, Kragen und Braunbär alle der Gattung Ursus angehören.
Ob es bereits Erkenntnisse zu fertilen Gattungshybriden gibt (bei Wassergeflügel recht häufig) weiß ich aus dem Bauch heraus nicht.

Für mich ist einfach an der gesamten Thematik spannend wie fließend die Übergänge von Populationen doch sind und wie der Genfluss funktioniert. Zwischen Grönland udn Sumatra liegen schließlich schon ein paar Kilometer und so einige natürliche Barrieren.
(28.04.2017, 09:58)
Oliver Muller:   @Adrian Langer: sehe ich nicht so.

Ich denke, der Artikel zeigt v.a. Dass die Konstrukte "Art" bzw. "Unterart" eben von Menschen und nicht von der Evolution erfunden wurden. Ist ja jetzt eigentlich auch nicht wirklich neu. Es zeigt halt, dass Grenzen immer fließend sind. Vielleicht wäre der Begriff "Typen" daher passsender. Auf Zoos bezogen heißt das für mich nur, dass man vielleicht etwas entspannter damit umgehen kann, wenn ein Individuum nicht 100% reinrassig ist und man eher gucken sollte, ob es vom Typ her passt.

Mich erinnert das ein wenig an die unterschiedlichen Strategien in der Rassehundezucht ( Wo man extrem auf Reinrassigkeit über viele Generationen fixiert ist mit allen daraus resultierenden Problemen gegenüber der Zucht z.B. von Katzen oder Pferden, wo man viel eher mal - sogar zur "Typverbesserung" (!) - Fremdeinkreuzungen vornimmt.
(27.04.2017, 15:50)
Sacha:   Ich bin in der Genetik nicht gerade ein Experte. Darum folgende Frage: Was genau sagt die Studie aus? Dass Grossbären sich genetisch nicht sonderlich unterscheiden? - Das wäre nichts wirklich Neues, denn die DNS/DNA von Mensch und Schimpanse unterscheidet sich m. W. auch nur um ein paar Prozentpunkte. Oder ist gemeint, dass die genetischen Unterschiede zwischen Eisbär und Malaienbär so gering sind wie zwischen Sumatra- und Sibirischem Tiger? - Dann wäre in der Tat eine Ãœberarbeitung der Systematik nötig. Danke schon im Voraus für gen-idioten-sichere Antworten.
(27.04.2017, 04:26)
Michael Mettler:   Dazu fällt mir spontan noch ein, dass man doch die Yeti-Sage jetzt auf einen Bären zurückführen will, der genetisch dem Eisbären näher steht als dem Braunbären.
(26.04.2017, 23:28)
Hannes Lueke:   Sehr cool!
Und Unsereins regt sich über Zoolöwen auf oder die Zucht nicht Unterartreiner Tiger.
(25.04.2017, 10:55)
Oliver Muller:   https://idw-online.de/de/news673057

Spannender Artikel über Hybridbildung bei Bären. Könnte es sein, dass sich Mutter Natur doch nicht an unser Konzept von "Arten" und "Unterarten" hält?
(24.04.2017, 10:55)
Ingo Rossi:   http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/rabenkraehen-und-kraehen-vermischung-des-erbguts-der-voegel-a-976806.html
(23.06.2014, 10:56)
Ingo Rossi:   http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/braunbaeren-auf-den-abc-inseln-haben-eisbaeren-vorfahren-a-888907.html
(15.03.2013, 12:11)
Henry Merker:   Zum Thema Bison bonasus montanus:
Da der Kaukasuswisent teilweise als eigenständige Art angesehen wird, dürfte es sich bei Bison bonasus montanus wohl um eine ART handeln: Bison montanus. Zumindest müsste man die Form überhaupt einmal anerkennen.
(22.10.2011, 15:37)
Michael Mettler:   Vergleichbare Fälle könnte es überall auf der Welt gegeben haben, als eiszeitlich bedingt der Meeresspiegel fiel und für längere Zeit wieder Landwege zwischen Inseln und Kontinenten entstanden. Ebenso innerhalb eines Kontinents, indem durch die eiszeitliche Niederschlagsarmut die Wälder zusammenschmolzen und sich Wanderkorridore zwischen vorher getrennten Steppengebieten ergaben. Umgekehrt breiteten sich die Wälder in den Zwischeneiszeiten/Warmzeiten (wir leben ja heute auch in einer) wieder aus, und für längere Zeit isolierte "Waldinseln" bildeten zusammenhängende Flächen; ebenfalls eine gute Möglichkeit dafür, dass getrennte Populationen einander (wieder) begegneten und hybridisierten.
(29.09.2011, 23:25)
Mark Meier:   Habe ich zufällig gerade in der Zootierliste gefunden. Passt ja ganz gut hierher:

"Mazák, J. H. & Groves, C. P. kommen in ihrer systemmatischen Revision "A taxonomic revision of the tigers (Panthera tigris) in Southeast Asia" aus dem Jahr 2006 zum Ergebnis, dass die Unterschiede zwischen den Tigern aus Java und Bali stark genug sind, um sie in den Status einer eigenständigen Art, Panthera sondaica, zu erheben. Dabei wäre der Balitiger nunmehr als Unterart des Javatigers (also Panthera sondaica balica) zu betrachten. In Bezug auf den Sumatratiger kommen sie zum Schluss, dass es sich ebenfalls um eine eigenständige Art handelt, also Panthera sumatrae. Diese Art habe demnach einen hybriden Ursprung, gehe also auf Hybriden zwischen Festland- (Panthera tigris) und Javatigern (Panthera sondaica) zurück und habe sich dann im Laufe der Zeit auf Sumatra zu einer eigenständigen Art entwickelt. Da mittlerweile Hybridisation als Evolutionsfaktor anerkannt wird - es gibt weitere Beispiele hierfür (Caprinae und Milu) - könnte der Sumatratiger tatsächlich als gute Art angesehen werden, zumal Kriterien nach Mayr erfüllt werden."
(29.09.2011, 21:28)
Michael Mettler:   Beim Stöbern gefunden: Ein 2000 veröffentlichter Artikel schlug eine neue Unterart Bison bonasus montanus für den Wisent vor, und zwar für die aus Wiederansiedlung ab 1940 im Kaukasusgebiet entstandene Population. Die Gründertiere waren Kaukasuswisent, Flachlandwisent und Bison!
http://www.springerlink.com/content/n0847540204nv066/

Das eröffnet völlig neue Perspektiven: Statt sich z.B. über die Mischerbigkeit der Zoo-Amurleoparden zu ärgern, könnte man sie einfach als neue Unterart grzimeki beschreiben ;-)
(28.09.2011, 18:19)
Michael Mettler:   Man achte auf die beiden letzten Sätze des Artikels:
http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/313801.html
(18.09.2011, 16:18)
Michael Mettler:   Auch z.B. unter den Rassen der Haushunde und -katzen soll es welche geben, die bei freier Wahlmöglichkeit lieber "unter sich" bleiben. Frage ist, ob dafür optische oder Verhaltensunterschiede ausschlaggebend sind oder auch fehlender Kontakt zu andersrassigen Artverwandten in einer bestimmten Entwicklungsphase.
(17.10.2010, 16:20)
Henry Merker:   @Anti-Erdmännchen:
Tippe mal eher auf gruppendynamische Prozesse. ;)
(17.10.2010, 16:20)
Anti-Erdmännchen:   Hier mal ein Beispiel für Rassenbewußtsein. Tiere der gleichen Art, die aber einer anderen Unterart (hier: Rasse) angehören, werden als irgendwie anders angesehen:
http://www.kollbecksmoorhuhn.de/typo3temp/pics/32ac5ceb74.jpg
(17.10.2010, 14:35)
Michael Mettler:   Es müssen nicht mal BEIDE Elternarten im Schwinden begriffen sein, um das Angola-Beispiel aufzugreifen. Von den Pferdeantilopen dort reichte auch ein Bulle, welcher derzeit keine Chance auf einen arteigenen Harem hatte, weil diesen Platz ein stärkerer Bulle besetzt hielt.

Die Bereitschaft, artfremde Tiere zumindest als vermeintliche Fortpflanzungspartner zu betrachten, schilderte Hannovers früherer Zoochef Dittrich anhand seiner Beobachtungen auf seinen Gemeinschaftsanlagen: Da versuchte z.B. ein Impalabock, selbst junge Elenantilopenkühe in seinen Harem einzugliedern, und Gazellenböcke verschiedener Arten zeigten trotz vorhandener artgleicher Weibchen auch sexuelles Interesse an brünstigen Weibchen anderer Arten vom Kudu bis hin zur Giraffe, wobei aber unterschiedliche Körpergröße, unterschiedliches Paarungsverhalten und natürlich auch das Eingreifen des jeweils "passenden" männlichen Tieres verhinderte, dass es zu "mehr" kam. Wie aber sähe es wohl aus, wenn man z.B. eine Gruppe weiblicher Sömmeringgazellen mit je einem adulten Bock der eigenen Art, der Grant- und der Damagazelle in einem Gatter hielte? Aus einem Rangkampf müsste ja nicht zwangsläufig der passende Bock als Sieger hervorgehen: Der Grantbock könnte ein mächtigeres Gehörn, der Damabock mehr Körpergröße ins Rennen werfen. Würden die Weibchen sich diesen Beiden verweigern, oder fänden sie die genannten Attribute (oder auch z.B. die völlig andere Färbung des Damabockes) womöglich sogar "reizvoller"? Es reicht ja, wenn nur EIN Weibchen sich davon angezogen fühlt, um eine Entwicklung ins Rollen und neue Gene in die Art zu bringen. Wenn es diesen Reiz des "Anderen" nicht gäbe, dürften sich ja eigentlich auch keine ausgeprägten Geschlechtsdimorphismen entwickelt haben. Dann wäre z.B. der erste Bantengbulle der Stammesgeschichte, der nicht die rote Farbe behalten hat, sondern schwarz wurde, als unerwünschte Fehlfarbe ausgeschieden. Ähnlich könnte bei nahe verwandten Paarhufern auch das größere Gehörn, die intensivere Färbung usw. eines Männchens der einen Art mal Weibchen der anderen Art "schwach gemacht haben", so dass sie dem Fremdling sogar dem arteigenen Partner vorzogen. Das soll jetzt bitte nicht heißen, dass ich hinter jedem Geschlechtsdimorphismus eine Hybridisation vermute - nur war jegliches heutige sekundäre Geschlechtsmerkmal in seinen Anfängen zunächst etwas "Anderes" gegenüber dem Normalen und brachte dem Träger gemäß der Zuchtwahl-Theorie erhöhte Aufmerksamkeit beim anderen Geschlecht. Es liegt also ebenfalls eine Art "Seitensprung"-Prinzip vor. Um auf das Banteng-Beispiel zurückzugreifen: Woher wollten die Kühe, die sich als erste mit einem schwarzen Bullen einließen, wissen, ob er nicht vielleicht einer anderen Art angehörte, falls sie ihn nicht gerade persönlich von klein auf kannten...?
(28.08.2010, 13:13)
Henry Merker:   Dem ist zuzustimmen (betreffs Wettbewerbfähigkeit einer Mutation).

Die Frage "Warum hat sich eine bestimmte Form und nicht eine andere durchgesetzt?" läßt sich wohl nur schwerlich beantworten. Änliches gilt auch für andere Fragen, wie etwa die "Warum haben sich Pferdeartige zu einhufigen und Antilopen zu paarhufigen Tieren entwickelt, obwohl sie doch mehrheitlich genau den selben Umweltbedingungen ausgesetzt waren?" Es ist letztlich eine doch schwierige Materie, die Evolution.

Dass die Bereitschaft bei Individuen zweier Arten zur Hybridisation bei schwindender Individuenzahl der eigenen Art zeigt, scheinen momentan die Riesenrappenantilopen in Angola zu belegen (siehe aktuellem Milu, Angolabericht).

Grundsätzlich habe ich an dem Vergleich mit dem Markt nichts auszusetzen, möchte jedoch anfügen, dass es dort auch andere Strategien gibt. Addidas und Nike (, wenn ich mich nicht täusche,) kaufen beide ihre Schuhe bei ein und demselben chinesischen Schuhfabrikanten ein, lassen ihre Markenzeichen anfügen und verkaufen die Produkte dann teuer unter ihrem Namen. Dabei sparen sie jede Produktionskosten und kassieren mächtig Geld dafür, dass man sich hochwertige Produkte zweier Markenfirmen erwirbt, und nicht auf chinesische Billigproduktionen zurückgreifen muss (Ironie). Angesichts solcher Praktiken kann man sich Fusionen sparen. Andererseits kann es passieren, dass der besagte chinesische Fabrikant irgendwann in der Lage ist, beide Marken zu erwerben und somit zu "sinisieren" - wohl auch eine Art der (Pseudo-)Hybridisation...
(28.08.2010, 10:52)
Michael Mettler:   @Henry Merker, zum Timberwolf:
http://www.newscientist.com/article/mg19926754.600-a-wolfs-dark-pelt-is-a-gift-from-the-dogs.html

Das Maulwurf-Beispiel belegt, dass eben nicht wir Menschen entscheiden, ob eine Mutation "wettbewerbsfähig" ist, sondern die Natur - wenn man sie lässt...

Angesichts der Vielfalt von (Früh-)Menschenformen, die bisher unterschieden werden, kann man sich durchaus fragen, warum sich nur eine davon bis heute durchgesetzt hat. Und man kann sich fragen, ob wirklich alle früheren Menschen- und Tierarten ausgestorben oder nicht doch einige (etliche?) von ihnen durch Hybridisation gewissermaßen weiterlebten. Man könnte die Hybridisation auch als Überlebensstrategie verstehen, etwa nach dem Motto: Bevor meine Art verschwindet, vermische ich sie lieber mit einer nahe verwandten. Bei selten werdenden Arten fällt die arteigene Partnersuche ohnehin zunehmend schwerer. Die Bereitschaft zur Hybridisation könnte somit auch als Flexibilität, als Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Gegebenheiten gedeutet werden. Das schließt vermeintliche Rückschritte durchaus ein: Wenn eine Aufspaltung in zwei Arten sich z.B. wegen zu starker Spezialisierung nicht durchsetzen konnte, hätte eine spätere Vermischung vielleicht einen wirkungsvollen "Reset" mit der Chance für einen neuen Anlauf ergeben.

Ich denke, dass wir einfach zu sehr gewohnt sind, "Reinheit" als erstrebenswertes Ideal zu betrachten und "Vermischung" mit einem negativen Touch zu belegen. Selbst Wissenschaftler greifen ja in Zusammenhang mit Erhaltungszuchten zu einer Wortwahl, als habe das "Fremdgehen" mit einer anderen Art/Unterart den Zuchtstamm verseucht, setzen Hybridisation also mit Krankheit gleich. Das erinnert ein wenig an alte Zeiten, in denen z.B. Hundezüchter eine reinrassige Hündin als für die weitere Zucht unbrauchbar erklärten, wenn sie sich einmal mit einem rassefremden Rüden eingelassen hatte - man hatte Sorge, dass da was "hängenbleibt", was sich auf zukünftige Nachfahren niederschlägt.

Drehen wir doch die Sichtweise mal um und greifen zu einem anderen Vergleich. Zwei Firmen aus der selben Branche sind parallel oder sogar in Konkurrenz zueinander tätig und geraten in schwere Zeiten. Einer der Auswege in einer solchen Situation ist Fusion: Man versucht, sich durch eine Verschmelzung in Technik und Know-how so zu ergänzen, dass der Synergieeffekt einen Wettbewerbsvorteil erzeugt und das gemeinschaftliche Unternehmen am Markt durchsetzungsfähiger macht. Betrachtet man nun Hybridisation unter dem gleichen Aspekt, müsste man "Markt" lediglich durch "Natur" und "Firmen" durch "Formen" ersetzen: Wenn die Fusion größere Vorteile bringt als die Eigenständigkeit (bei Tieren z.B. auch die viel beschworene "Blutauffrischung"), ist ihre Beurteilung nach menschlichen Idealvorstellungen fehl am Platz. Wir wissen also nicht nur zu wenig, wir legen vielleicht auch falsche Maßstäbe an.
(28.08.2010, 09:19)
Henry Merker:   Hm, vielleicht kann man Albinos tatsächlich als Farbmorphe ansehen..Ich persönlich würde dann von Farbmorphe sprechen, wenn mit der veränderten Fellfärbung keine Beeinträchtigung einhergeht, und zwar in dem Sinne, dass sich das Tier voll und ganz in seiner Umgebung frei bewegen kann, ohne etwa auf Sonnenschutz angewiesen zu sein, was wohl bei Albinos der Fall sein soll... Freilich hat diese herangehensweise einige Schwächen: ich denke ein Albino-Maulwurf hat in seinem Lebensraum keinerleih Einschränkungen hinzunehmen...

Zugegebenermaßen habe ich beim unten angegebenen Link nur auf die als Blaubock bezeichnete Antilope geschaut und aufgrund des mir bekannten Sachverhalts, dass die Art früher als Unterart der Pferdeantilope galt, angenommen es sei auch der Blaubock...

Der Aspekt mit dem Timberwolf ist mir neu; die systematische Einordnung des Haushundes dürfte sich meines Erachtens eh ständig wieder mal ändern, da ich annehme, dass der Haushund ebenfalls ein Hybridprodukt ist bzw. als Einheit eventuell gar nicht existiert. Dies würde gelten, wenn sich beispielsweise die artliche Eigenständigkeit der pallipes-Wölfe bestätigen sollte. Abgesehen davon ist nicht auszuschließen, dass noch andere Caniden Anteil an der Hundswerdung hatten, so meine Annahme...

Was die Evolution des Menschen betrifft, wird auch alle so und so viel Jahre etwas Neues behauptet. Mal, dass der Neanderthalter ein Vorfahre des Jetztmenschen war, mal dass er nichts mit diesem zu tun habe.. Grundsätzlich ist aber ein hybrider Ursprung nicht auszuschließen. Letztlich wissen wir da einfach zu wenig...
(27.08.2010, 23:20)
Michael Mettler:   Auch wir selbst sind eventuell späte Ergebnisse einer Naturhybridisation, die sogar über einen sehr langen Zeitraum hinweg stattgefunden haben soll:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hybride

@Henry Merker: Auch eine Farbmorphe/-phase geht auf eine Mutation zurück. Wiederum ist es eine willkürlich gesetzte Grenze, ab wo man eine "Fehlfarbe" dadurch "normalisiert", dass man sie als Morphe/Phase bezeichnet. Wie hoch muss denn der abweichend gefärbte Anteil am Gesamtbestand einer Tierform sein, um den Rang einer Morphe zu erreichen? Siehe Farbvarianten-Thread: Krumbiegel fand unter 3.000 Maulwurfsfellen 90 Albinos - eine recht hohe Quote, aber bei Albinos spricht niemand von Morphe (vielleicht, weil Albinos - um es mal ganz platt zu sagen - bei Zoologen eher "pfui" sind). Übrigens ist nicht auszuschließen, dass auch Farbvarianten auf Naturhybridisation zurückgehen - siehe das Beispiel der schwarzen Timberwölfe, deren Färbung laut genetischen Untersuchungen auf Einkreuzung früher Haushunde hindeuten soll. Nach gängiger Meinung sind zwar beide artgleich, aber da der Haushund aus Asien nach Amerika gelangte, läge mindestens eine Unterartkreuzung vor. Und diese Haushundgene kämen dann ja nicht nur in der schwarzen (sich dominant vererbenden) Morphe vor, sondern auch in deren grauen, gelben oder weißen Verwandten.

Über den Blaubock gibt es eine Monografie von Erna Mohr, in der die Untersuchung der wenigen erhaltenen Museumsexemplare eingehend geschildert wird. Mohr wundert sich darin auch sehr darüber, dass der Blaubock zeitweise als Unterart der Pferdeantilope eingeordnet wurde, da er mehr Merkmale mit der Rappenantilope teilt(e). Auf die Beschriftung der unter dem Link zu findenden Bilder würde ich keinen Pfennig setzen. Die "Cephalophus Madoqua" unten ist weder ein Ducker (Cephalophus) noch ein Dikdik (Madoqua), sondern am Gehörn und dem nackten Drüsenfeld unter dem Ohr als Oribi erkennbar. Dem "Bubalis caama" fehlt nicht nur die Gesichtszeichnung der Kaama, sondern auch die Hornstruktur würde nicht stimmen - das Tier sieht eher nach Lelwel-Hartebeest aus. Die Zeichnung oben rechts habe ich in einem anderen Werk mit "Pferdeantilope" unterschrieben gesehen, und dafür halte ich sie auch; die Museumspräparate des Blaubocks lassen jedenfalls keinen Hinweis auf eine dunkle Gesichtsmaske erkennen, und meiner Erinnerung nach fehlt(e) ihm auch die lang ausgezogene, pinselartige Ohrspitze.
(27.08.2010, 22:46)
Henry Merker:   Da ich in der letzten Zeit anderweitig beschäftigt war, kann ich mich jetzt erst an der Diskussion beteiligen – auch wenn ich vielleicht nicht allzuviel hinzuzufügen habe und sich einiges wiederholen mag.

@Anti-Erdmännchen:
Neueren Studien zufolge erfolgt Evolution deutlich schneller, als man bisher angenommen hat. Das Bild von einer sich allmählich über jahrhunderte hinweg entwickelnden Art wird unter anderem durch einen Artikel getrübt, der erst kürzlich im "TierInternational" erschienen war (Ausgabe 1 2010). Hier wurde nachgewiesen, dass sich die Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) in zwei Arten aufgespalten hat bzw. aufspaltet. Um 1960 "fanden" einige Tiere "heraus", dass es sich auch auf den Britischen Inseln gut überwintern lässt. Jene Vögel, die nun dort überwinterten - und nicht in Südeuropa - haben sich in der Zwischenzeit verselbstständigt; sie unterscheiden sich morphologisch (rundere Flügel, weshalb sie auch wendiger sind; engere Schnäbel; andere Schnabelfarbe) und genetisch, da sie sich nicht mehr mit den "Südeuropäern" vermischen, obwohl sie es beispielsweise in England machen könnten (Ob hier gruppendynamische Gesetzmäßigkeiten ursprünglich eine Rolle spielten?).

Unter anderem auch deswegen fällt es mir nicht allzu schwer, mir vorzustellen, dass eine durch Hybridisation entstandene Art zeitgleich mit ihren Elternarten existieren kann; möglicherweise könnte der Touré ein Beispiel hierfür sein.

Der Vergleich mit dem Fluss ist in diesem Zusammenhang auch sehr gut gelungen, schließlich verlaufen Prozesse fließend.

@Michael Mettler:
Die Unveränderlichkeit der Arten ist übrigens nich erst durch die darwinistische Evolutionstherorie – so Sie diese denn im Auge hatten – zu Grabe getragen worden, schließlich gab es auch schon zu Darwins Zeit Evolutionstheorien. Zu nennen sei etwa die von Jean-Baptiste Lamarck. Auch einer der bekanntesten Gegner der darwinistischen Evolutionstheorie – Richard Owen – vertrat die Ansicht, dass sich Arten verändern; nur hing er einer anderen Evolutionstheorie an. Ich will sie nur kurz umreißen: Owen nahm Archetypen an, die sich durch eine Transformation, die durch das Wirken Gottes verursacht wurde, zu neuen Archetypen weiter entwickeln konnten. So ordnete er etwa den Archeopteryx als eine Art „Missing Link“ zwischen Pterosauriern und Vögeln ein – wenn mich hier meine Erinnerung nicht trübt. Darwin hingegen scheint lediglich die Evolution von Gott losgelöst zu haben, doch so genau weiß ich es auch nicht – da müsste man seine Bücher lesen… Fakt ist jedenfalls, dass unter den Zeitgenossen Darwins insbesondere Agnostiker und Atheisten für seine Ansichten am empfänglichsten waren. Nicht die Veränderlichkeit der Arten war ein Streitgegenstand, sondern die Frage, ob diese durch bzw. mit Gott oder ohne Gott verlief!

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen zustimmen, wenn es um das zunehmende Versagen der phylogenetischen Systematik geht. Auch ich habe den Eindruck, dass hier die Systematik zunehmendst einer gewissen subjektiven Entscheidung des Betrachters obliegt (Beispielsweise weicht je nach systematischem Standpunkt die systematische Einordnung der Vögel teilweise beträchtlich voneinander ab. Unter anderem ist sie davon abhängig, welche Tiere man als Vogelurahn ansieht: Wertet man Longisquama insignis, Archaeopteryx, Protoavis, einen Teil der Dinosaurier und/oder einen noch bislang unbekannten Vertreter als solchen Urahn, kommt man auch zu unterschiedlichen Ergebnissen! Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Gruppen, für die ähnliches oder gar gleiches gilt.). Da sich aus rein praktischen Gründen, systematische Systeme bewährt haben, sollten wohl neue Kriterien entwickelt werden oder im Zweifelsfall an alt bewährten festgehalten werden…

Im Zusammehang den schon angesprochenen Mutationen ließe sich auch ein anderes Modell als denkbar erscheinen, sind doch die meisten Mutationen nicht von Vorteil für das betroffene Exemplar bzw. gar tödlich (Schwarze Panther oder Jaguare sehe ich übrigens nicht als Mutanten, sondern als Farbmorphen an – wie ich schon einmal schrieb.). Im Zusammenhang mit der verwandtschaftlichen Stellung zwischen Schimpanse und Menschen, stellten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts fest, dass es aktive und inaktive Gene gäbe. So sorge EIN Gen, dass beim Schimpansen inaktiv, beim Menschen jedoch aktiv sei, für einen signifikanten genetischen Unterschied von rund 20% bei den beiden Vertretern.Warum dem so sei, ist den Wissenschaftlern jedoch gänzlich unbekannt. Möglicherweise spielen solche aktiven und inaktiven Gene auch in anderen Bereichen eine wichtige Rolle – so auch bei der Evolution der einzelnen Arten.

Ein Argument, das eindeutig für Hybridisation sprechen würde, wäre die schon angesprochene Inzuchtfrage. Zunächst bin auch ich der Meinung, dass selbst bei geringer Ausgangspopulationsgröße die genetische Variabilität über einen sehr langen Generationszeitraum weit gefächert bleiben kann, wenn es zu einer hohen Reproduktivitätsrate kommt. Zum anderen würde die allgemeinhin gängige Auffassung (unten schon ausgeführt) zwangsläufig auf eine immer größere genetische Verarmung hinauslaufen – letztlich müssten alle heute lebenden Arten hochgradig ingezüchtet sein, insbesondere bei solchen, die sich im Vergleich zu ihren Vorfahren kaum verändert haben – und das über Jahrmillionen (etwa Haie, Krokodile, Echsen, Schildkröten, diverse Amphibien etc.)! Mir ist lediglich bekannt, dass dies auf die Quastenflosser zutreffen soll… Aber in den meisten Fällen scheint der Gegenteil der Fall zu sein. Neben Hybridisierung wären hierbei auch aktivierte und inaktivierte Gene ein Erklärungsansatz, vielleicht auch andere Faktoren, wer weiß das schon…

Vielleicht liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen?!

@Michael Mettler:
Es könnte durchaus sein, dass der Milu vom Wapitistamm abstammt. Aber auch hier stellt sich die Frage nach einer möglichen Ausgangsart, zählen doch mehrere rezente Arten zu diesem Stamm….

Könnte der Blaubock nicht auch eine Farbmorphe des Pferdebocks gewesen sein? Jedenfalls erscheint er mir sich bei dieser Kopfstudie kaum vom Pferdebock zu unterscheiden…

http://www.retrobibliothek.de/retrobib/hiresfaksimile_5179808.jpeg

(27.08.2010, 21:00)
Michael Mettler:   Es ist ein merkwürdiger Zufall, dass ich auch in ganz anderen Zusammenhängen gerade über Hybridisierungen stolpere. So las ich beim Schmökern in einem Buch über Schildkröten, dass auch im Freiland Mischlinge aus Breitrand- und Maurischer Landschildkröte vorkommen und diese Hybriden fruchtbar sind. Ab der wievielten Generation nach einer solchen Kreuzung wäre wohl eine "natürliche Verdrängungszucht" so perfekt, dass kein Mensch mehr auf die Idee käme, es habe mal einen "Fehltritt" (oder gar mehrere) gegeben? Dass einige Neubeschreibungen südostasiatischer Schildkrötenarten, die man auf Märkten gefunden hatte, wieder revidiert werden mussten, weil sich die Tiere als marktgerecht gezüchtete Mischlinge erwiesen, fand ich ebenfalls interessant. Sagt zwar wenig über natürliche Verhältnisse aus, belegt aber immerhin die leichte Art- und sogar Gattungskreuzbarkeit bei Schildkröten.

Ähnliches in einem Buch über Japanische Mövchen. Zwar gilt dieser Prachtfink allgemein als domestizierte Form des Spitzschwanz-Bronzemännchen, doch hat man diverse andere Prachtfinkenarten eingekreuzt, um Mövchen bestimmter Farben zu erzielen. Solche Kreuzungen werden zwar wohl heute nicht mehr gemacht, aber dennoch haben heutige Mövchen wohl überwiegend mehr als eine Prachtfinkenart im Stammbaum. Übrigens erwiesen sich bei diesen Kreuzungen in der ersten Generation nur die Hähne als fruchtbar, die Hennen waren steril; die Rückkreuzung der männlichen Bastarde mit Mövchen ergab ab der 3. Generation fruchtbare Hennen. So schnell also kann sich ein "Fehltritt" ausgleichen und ein einziges Tier einer fremden Art genetisch in die eigene assimiliert werden. Gerade Vögel können ja schnell mal in artfremde Gefilde verschlagen werden, da würde es mich doch sehr wundern, wenn dabei nicht mal das eine oder andere Fremdgen vom Fremdgehn hängenbliebe und der ansässigen Art womöglich sogar nützlich wäre.

Wie erfolgreich Naturhybriden sein können, lässt sich quasi vor unserer eigenen Haustür feststellen - am Beispiel des Teichfrosches, der als Bastard aus Kleinem Teichfrosch und Seefrosch Lebensräume besiedelt, in denen keine seiner Elternarten vorkommt.
(22.08.2010, 22:45)
Michael Mettler:   @Anti-Erdmännchen: Ja eben - aber folgt man dem Schubladenprinzip der Systematiker, dann kann ein Tier nur zu der einen oder zu der anderen Art gehören, und der ganze fließende Entwicklungsvorgang wird dabei unter den Teppich gekehrt. Genau darauf will ich doch hinaus: Ab welchem Entwicklungsstand ein blaugelber Ara ein Ararauna ist und nicht mehr seine Stammart, wird willkürlich innerhalb eines fließenden Prozesses festgelegt. Ergo müsste nach dieser Ansicht irgendwann ein Muttertier einer anderen Art angehört haben als sein Nachwuchs. Um diesem Dilemma zu entgehen, wurde ja schon die Unterart "erfunden" - noch nicht ganz Art, sondern irgendwo zwischendrin. Und es gab sogar schon mal Bestrebungen, noch Unterunterarten zu benennen. Aber alle diese Konzepte versuchen lediglich, Momentaufnahmen festzulegen - oder, um noch mal mein Wasser-Sinnbild zu verwenden, einen Fluss in stehende Gewässer zu unterteilen.
(22.08.2010, 19:15)
Anti-Erdmännchen:   "Und da jedes Tier eine Mutter hatte, hätte es somit nie neue Arten geben dürfen. Hä?"

Im Vergleich mit der Zeit 1.000, 10.000 oder 100.000 Jahre davor oder mit Teilpopulationen, die sich nicht oder anders entwickelten, ist vielleicht eine neue Art entstanden. Aber von einem Tag auf den nächsten - das halte ich für ein Gerücht.
(22.08.2010, 17:38)
Michael Mettler:   @Anti-Erdmännchen: Und da jedes Tier eine Mutter hatte, hätte es somit nie neue Arten geben dürfen. Hä? Auch "sich durchsetzen" bedarf zunächst eines Anfanges, an dem wohl nicht selten ein einzelner "Abweichling" gestanden haben dürfte. Der hat sich dann wohl am ehesten mit seiner "Stammform" verpaart und nicht etwa gleich aufgemacht, neue Welten zu erobern. Bei einer dominant vererbten Mutation (z.B. schwarzer Jaguar) entstehen dann ggfs. sehr schnell weitere Tiere mit dem neuen Merkmal. Bei einer rezessiv vererbten Mutation entstehen in der ersten Generation nur Merkmalsvererber, die "nach außen" noch der "Stammform" gleichen. Bei intermediärer Vererbung entsteht ein wiederum neues Tier mit Merkmalen beider, womit in kurzer Zeit (ein bis drei Generationen!) aus einer einheitlichen Stammform eine Variationsbreite von drei "Typen" entstanden wäre, die alle untereinander fruchtbar sind und sich vermutlich auch alle (noch)schrankenlos verpaaren, also eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden.

Zufällig wird nun ein Paar eines neuen Typs von der Population isoliert oder erschließt sich selbst ein neues Areal, so dass seine Nachkommenschaft vorwiegend bis ausschließlich dem neuen Typ entspricht. Fällt das schon unter die Definition "hat sich durchgesetzt"? Welche Zahl, welcher prozentuale Anteil, welche Zeitspanne echter Isolation ist dafür und für die Abgrenzung als eigenes Taxon erforderlich? Wenige Jahre, aber auch viele Jahrtausende später können sich die beiden Nachbarpopulationen durch Zu- und Anwanderung durchaus wieder begegnen. Ob sie sich verkreuzen, hängt nicht unbedingt davon ab, ob sie von UNS als Morphen, Unterarten oder Arten klassifiziert werden, sondern ob SIE sich als gemeinsame Fortpflanzungsgemeinschaft betrachten. Falls nicht, können sie sogar trotzdem im selben Areal leben, falls sich inzwischen eine Prägung auf das eigene Merkmal und/oder eine nicht untereinander konkurrierende Lebensweise entwickelt hat. Z.B. heißt es doch, dass Tukanarten sich an der Schnabelfärbung erkennen, wenn sie im gleichen Gebiet leben. Das schließt ja nicht aus, dass sie sich sogar im gleichen Gebiet aus einem gemeinsamen Ursprung entwickelt haben könnten.

FALLS sich aber unsere Modellpopulationen als Fortpflanzungsgeminschaft betrachten und verkreuzen, KANN eines der Merkmale verdrängt werden - je nach Umweltbedingungen, Zufällen oder Vorlieben bei der Partnerwahl entweder das eine oder das andere. Wenn heute rezessive Mutationen auftreten, gehen wir fast automatisch davon aus, dass es sich um eine Neumutation handelt - genausogut kann es aber der Ursprungszustand sein, der durch eine vor längerer Zeit aufgetretene dominante Mutation fast verdrängt wurde und nur noch selten "aufblitzt". Hier werfe ich mal wieder den Königsgepard als Beispiel ins Rennen - ist womöglich unser heutiger "Normalgepard" mit seiner feinen Tüpfelung der eigentliche Abweichling, der sich durchgesetzt hat?

Nun mutieren unsere Modellpopulationen ja nicht nur in EINEM Körpermerkmal lustig weiter. Mal hat ein Tier längeres oder gar kein Fell, ein anderes längere Ohren, Flügel usw., erreicht eine andere Endgröße, hat proportional längere Beine und, und, und. Daraus kann sich in beiden Populationen etwas gefestigt haben. Nehmen wir also an, die Stammform sei braun und die neue Form schwarz. Durch Zufall setzt sich in der Stammform Kurzbeinigkeit durch, in der neuen Form Langhaarigkeit. Nun begegnen sich beide Formen wieder und betrachten sich trotz aller phänotypischen Verschiedenheit als Fortpflanzungsgemeinschaft. Prompt entstehen aus den Nachkommen auch Neukombinationen, nämlich braun langhaarig und schwarz kurzbeinig, wir haben jetzt also VIER Typen, die als Ausgangsformen für neuen Arten dienen KÖNNEN. Da ein Tier aber aus vielen Genen besteht und die alle mutieren können, kann die Vielfalt der Merkmalskombinationen innerhalb kurzer Zeit noch weitaus höher sein und der Fortpflanzungsgemeinschaft einen enormen evolutionären Vorteil in der der Erschließung neuer Ressourcen mittels adaptiver Radiation schaffen. Diese Chancen sind logischerweise umso größer, umso mehr trennende udn damit unterschiedliche Merkmale es gibt. Solange also keine generell unfruchtbaren oder nicht lebensfähigen Nachkommen auftreten, kann eine Hybridisation eine enorme Chance für die Evolution bieten. Selbst wenn nur die weiblichen Hybriden fruchtbar sind, reicht das bei Rückkreuzungen, um die Gene der zweiten Art weiterzutragen. Beispiel: Die Hauskatzenrasse Bengal, die aus Bengalkatze x Hauskatze bei Rückkreuzung der weiblichen Bastarde mit Bengalkatern über mehrere Generationen entstand, wobei immer mehr fruchtbare Kater des neuen Typs entstanden. Das Prinzip dahinter ist durchaus auch in der Natur vorstellbar.

Wer sich züchterisch betätigt oder auch nur interessiert, der weiß, wie sich die Nachkommen zweiter Hybridgenerationen von Rassen (Tiere) oder auch Arten (Pflanzen) in eine Vielfalt von Typen "aufspalten". Für gewerbliche Zwecke ist das unerwünscht, weshalb man zur Erzielung einheitlicher "Super"-Ergebnisse die Ausgangsformen immer wieder neu verkreuzt (vom Legehuhn über das Mastschwein bis zum Balkonkasten-Stiefmütterchen). Aufspaltung? Da war doch was? Wodurch wurde doch Darwin u.a. zu seiner Evolutionstheorie angeregt? Durch die unterschiedlichen Finken und Schildkröten der Galapagosinseln. Ich weiß nicht, ob diese schon genetisch untersucht wurden (aber werde mal danach forschen). Aber zumindest in der Theorie ist als ihr Ursprung durchaus denkbar, dass ihr Adam und ihre Eva unterschiedlichen, aber fruchtbar kreuzbaren Arten angehörten, von denen tatsächlich je ein einziges auf eine der Inseln verschlagenes Ausgangstier gereicht hätte, um schon in zweiter Hybridgeneration eine gewisse Vielfalt an Merkmalskombinationen hervorzubringen, welche eine günstige Keimzelle für die heute bekannten Formen ergeben hätte. Gerade bei Vögeln und Reptilien lassen sich in Menschenhand relativ leicht selbst Gattungshybriden erzeugen - da müssen zwei einsame Finken oder Landschildkröten auf Galapagos nicht unbedingt systematikgerechte Enthaltsamkeit geübt haben...
(20.08.2010, 00:21)
Anti-Erdmännchen:   Ein Tier kann nicht zu einer anderen Art gehören als seine eigene Mutter. Also das kann mir keiner erzählen. Eine neue Art entsteht, wenn sich die Mutation im Genpool durchgesetzt hat. Entweder betrifft das die Gesamtpopulation, dann ist die alte Art ausgestorben, oder es betrifft durch geographische Abgrenzung oder unterschiedliche Nischenbesetzung nur einen Teil. Zunächst einmal dürfte es sich aber nur um Unterarten handeln.

Klar geht es bei Enten drunter und drüber, aber wie meintest Du neulich so schön, es gibt immer Abweichler. Ich hatte jedenfalls irgendwann mal eine Antwort auf die Frage gesucht, was die Männchen von optisch orientierten Tieren an die arteigenen Weibchen bindet, obwohl auch die sehr ähnlich aussehenden Weibchen verwandter Arten in der Nähe sind. Da fand ich irgendwo die Erklärung, daß sie auf alle Weibchen draufzugehen versuchen, diese jedoch andersartige (huch, noch ein Wortspiel) Männchen abblocken. Ist aber wohl noch eine unausgegorene Theorie, denn allein jetzt fällt mir z.B. ein, daß es bei Enten ja auch spezifische Paarungsrituale gibt, und wenn da was nicht stimmt, kommt man wohl gar nicht erst in Paarungsstimmung.
(19.08.2010, 23:11)
Michael Mettler:   @Anti-Erdmännchen: Wenn ein neues Tier noch nicht den Anfang einer neuen Art macht, womit fängt sie DANN an? Mutationen, die zur Artabgrenzung geeignete Veränderungen hervorrufen, treten m.W. nicht flächig gleichzeitig auf. Der erste blau-gelb gefärbte Ara war für seine "Stammform" noch eine "Fehlfarbe", für den Ararauna aber stellte er das erste Tier dar. So wie der Deutsche Schäferhund mit der Zuchtbuchnummer 1 als erstes Tier seiner Rasse betrachtet wird, obwohl er streng genommen nicht mal ein Rassetier war, sondern ein nach willkürlichen Maßstäben aus einer großen Variationsbreite herausgepickter Landmischling, der einen "Markennamen" bekam. Aber anders sieht die zoologische Systematik und damit der Begriff der Reinblütigkeit auch nicht aus.

Vergleichen wir die Evolution als fließenden Vorgang mit einem Fluss, dann ist es doch so, als würde man z.B. eine Wasserprobe aus dem Unterlauf des Rheins nur dann als Rheinwasser (rheinblütig - das Wortspiel konnte ich mir nicht ersparen) bezeichnen, wenn sie in ihrer Zusammensetzung hundertprozentig mit dem Wasser an der Rheinquelle übereinstimmt. Aber selbst Letzteres entsteht ja nicht an Ort und Stelle von selbst, sondern die Quelle bezieht ihr Wasser wiederum aus anderen Quellen (zweites Wortspiel), und bevor dieses Wasser als Rhein rauskommt, muss es erst mal irgendwo rein kommen (drittes Wortspiel - so langsam muss ich aufhören, sonst überdrehe ich das hier noch).

Für den Wassertropfen ist es völlig wurscht, ab wann WIR seinen Weiterlauf als Rhein bezeichnen. Ebenso wirkt es sich auf das Gen eines Lebewesens nicht aus, ob ein Wissenschaftler seine Zusammensetzung mit anderen Genen unterschiedlich klassifiziert: Entscheidend ist die Praxis, der "Feldversuch" der Natur. Wenn sich unterschiedlich klassifizierte Tiere fruchtbar kreuzen und die Ergebnisse in der Natur durchsetzungsfähig sind, dann ärgert sich zwar vielleicht der Mensch, dass seine Gesetze nicht befolgt wurden, aber der Natur und damit der Evolution dürfte das ziemlich schnuppe sein. Wenn's schief läuft, schiebt sie eben die nächste Lösung nach - auch auf die Gefahr hin, dass Mensch dann erneut aufschreit und wiederum den drohenden Verlust des Gewohnten (seiner Sicherheit!) beklagt.

Die Inzuchtfrage zielte auf die heute verbreitete Inzuchtpanik ab. Ich habe ja schon mehrfach meine Ansicht vertreten, dass Inzucht schädlich sein KANN, aber nicht notwendigerweise sein MUSS. Und sie trägt m.E. nicht nur bei Haustieren zur Festigung von Merkmalen bei, sondern auch bei Wildtieren. Nach gängiger Meinung bevorzugen Wildtiere bei der Partnerwahl den vitalsten erreichbaren Artgenossen. Wenn nun z.B. zwei Geschwistertiere aufrgund einer Mutation, die ihnen einen erheblichen Selektionsvorteil brachte, diese Spitzenmodelle darstellen, mit wem müssten sie sich dann logischerweise paaren...? Damit würden sie dann sogar noch der Theorie vom Egoismus der Gene am konsequentesten nachkommen.

Entenweibchen lassen nur arteigene Partner ran? Woher kommen dann vor allem die auch im Freiland anzutreffenden Tauchentenhybriden, warum ist die Weißkopf-Ruderente durch Vermischung mit der Schwarzkopf-Ruderente in ihrer Reinblütigkeit bedroht? Auch ohne menschlichen Einfluss können sich fremdländische Vogelarten verfliegen oder ihr Areal erweitern/verlagern und treffen dann auf verwandte Arten/Unterarten, mit denen sie sich vermischen können.
(19.08.2010, 22:40)
Anti-Erdmännchen:   "Mit wem paart sich eigentlich das erste Tier einer neuen Art, um diese zu erhalten und "weiterzuentwickeln"?"

EIN erstes Tier einer neuen Art gibt es nicht. Es gehört noch zur bisherigen.

"Haben dessen Nachkommen dann fleißig die ach so schädliche Inzucht betrieben und merkwürdigerweise trotzdem bis heute überlebt?"

In solchen Fällen ja. Genauso wie auch bei Haustieren willkommene Mutationen durch Inzucht genetisch gefestigt wurden und werden.

"Was passierte, wenn sich über lange Zeit hinweg in klimabedingte Refugien zurückgedrängte Populationen bei günstigerem Klima wieder im dazwischenliegenden "Niemandsland" begegneten?"

Das ist sicherlich von Fall zu Fall zu betrachten. Bei der Aaskrähe ist es ja so, daß sich Raben- und Nebelkrähe an der Elbe wiedertrafen und sich entlang der Grenze wohl nur minimal und ohne Auswirkungen vermischen. Das geht nun schon seit tausenden Jahren so.

"Ich erinnere mich an Texte über den "Sittenverfall" bei Kuhreihern, Feldmäusen und Wanderratten infolge zu großer Populationsdichte, der u.a. zu Vergewaltigungen führte (bei den Feldmäusen sogar zu Vergewaltigung von Nestlingen)"

Stimmt, Hermelinmännchen vergreifen sich ja auch an den weiblichen Nestlingen.

"Aber auch die schnappen sich dazu ein arteigenes Weibchen und nicht etwa eine Grüne Meerkatze..."

Wobei männliche Enten und Möwen aber soweit ich weiß schon auf die Weibchen verwandter Arten (die sich ja auch alle sehr ähnlich sehen) aufspringen wollen, doch lassen die Weibchen nur arteigene Partner ran.
(19.08.2010, 20:09)
Michael Mettler:   @BjörnN: ...die auf ganz simplen Gedanken beruht. Zum Beispiel: Mit wem paart sich eigentlich das erste Tier einer neuen Art, um diese zu erhalten und "weiterzuentwickeln"? In vielen Büchern ist zu lesen, dass neue Lebensräume (meist bezogen auf Inseln) vielleicht nur von einem einzigen trächtigen Weibchen, das der Zufall dorthin verschlug, kolonialisiert wurden. Und wie ging es dann weiter? Haben dessen Nachkommen dann fleißig die ach so schädliche Inzucht betrieben und merkwürdigerweise trotzdem bis heute überlebt? Oder gab es womöglich bereits nahe Verwandte vor Ort (und dafür reicht ja schon EIN passender Sexualpartner), mit dem sich der Neusiedler verpaart und eine neue Lebensform mit abweichenden Merkmalen hervorgebracht hat, die durch die zwangsläufig folgende Inzucht (mangels Alternativen) gefestigt wurden und sich POSITIV auswirkten? Was passierte, wenn sich über lange Zeit hinweg in klimabedingte Refugien zurückgedrängte Populationen bei günstigerem Klima wieder im dazwischenliegenden "Niemandsland" begegneten? Und warum ziehen Tiere überhaupt Mischlinge auf, obwohl doch immer behauptet wird, dass sie Jungtiere verstoßen, die in irgendeiner Form aus dem Rahmen fallen?

@Anti-Erdmännchen: Ja - aber eher innerhalb der selben Art. Ich erinnere mich an Texte über den "Sittenverfall" bei Kuhreihern, Feldmäusen und Wanderratten infolge zu großer Populationsdichte, der u.a. zu Vergewaltigungen führte (bei den Feldmäusen sogar zu Vergewaltigung von Nestlingen). Und wenn ich das Buch "Mein Leben als Pavian" richtig in Erinnerung habe, vergewaltigen Anubispavianmänner aus Gründen der Machtdemonstration. Aber auch die schnappen sich dazu ein arteigenes Weibchen und nicht etwa eine Grüne Meerkatze...
(18.08.2010, 23:23)
BjörnN:   Eine wirklich interessante mögliche Zukunftsperspektive, die Sie konstruieren, Herr Mettler....
(18.08.2010, 20:12)
Michael Mettler:   Es klingt vielleicht zynisch, aber bezogen auf die Zeitspanne, seit der es eine Evolution auf unserem Planeten gibt, wird der menschliche Einfluss auf die Natur vielleicht überbewertet - selbst als Zerstörer nimmt sich der Mensch vielleicht viel zu wichtig und gefällt sich in dieser Rolle (und sei es nur, um Schuldgefühle zu nähren und Buße zu tun). Denn er ist ja nicht das einzige Wesen, das Umweltzerstörung betreibt und Ressourcen zu seinem eigenen Vorteil ausbeutet. Wenn man mal genau hinschaut, ist doch das Gleichgewicht der Natur nicht mehr als ein romantisches Traumbild des Menschen. Was z.B. geschieht beim jährlichen Wanderzug von Gnus und Zebras in Ostafrika? Millionen großer Huftiere verdichten den Boden, fressen die Gräser (sind auch Lebewesen!) bis zur Wurzel herab ab, hinterlassen tonnenweise Kot und vergiften den Boden mit Unmengen von Urin. Kein Wunder, dass sie wandern - sie müssen ständig aus der von ihnen zerstörten Umwelt fliehen... Ja, NATÃœRLICH ziehen viele andere Tiere in ihrem Gefolge daraus Nutzen, vom Mistkäfer bis zum Löwen, aber brandschatzende Horden ziehen eben immer auch Opportunisten an. Wieviele Pflanzen- und Tierarten mögen durch Zebras und Gnus verdrängt, ausgerottet worden sein, weil ihnen die Lebensgrundlage entzogen wurde?

Beispiel Galapagos: Wir bewundern die einzigartige endemische Fauna dort und versuchen sie mit großem Aufwand zu schützen. Aber wer garantiert uns, dass sie wirklich auf die ursprünglichen Kolonisten zurückgeht? Gab es vielleicht vorher noch ganz andere Tiere und Pflanzen dort, die von den Vorfahren von Drusenkopf, Elefantenschildkröte & Co. restlos und rücksichtslos verdrängt wurden? Wieviele Neukolonisten haben sich womöglich mit Vorgängern verkreuzt, weil sie keine arteigenen "Schiffbrüchigen" zur Verfügung hatten?

Mit der Evolutionstheorie wurde die Theorie von der Unveränderlichkeit der Arten eigentlich zu Grabe getragen. Aber es scheint mir, als sei sie in unseren Köpfen noch fest verankert, wenn selbst Zuchtprojekte phäno- und genotypische typische Idealbilder für ihre Schützlinge festlegen und mit Reinblütigkeit, Artreinheit und Inzuchtfreiheit "Gebote" erlassen, die selbst manche vom Menschen nicht beeinflusste Freilandpopulation befolgt und trotzdem gut damit zurechtkommt.

Vielleicht werden sich die Bastarde aus Haushund und Äthiopischem Wolf einst dem Menschen anschließen und durch ihn ihr Auskommen finden, vielleicht jagen sie als unabhängige Wildtiere in buntscheckigem Rudel wie der Hyänenhund große Huftiere, während ihre hauptsächlich von einer einzigen Nagerart abhängigen Wildvorfahren längst ausgestorben sind. Vielleicht wandern die Eisbären beim Abschmelzen der Polarkappen nach Süden und verkreuzen sich dort mit den Grizzyls. Daraus könnte ein neues Superraubtier entstehen, wie es das seit Kurzschnauzenbär und Smilodon nicht mehr in Nordamerika gegeben hat: Ein riesiger Bär, der von Karibus, Wapitis und Elchen lebt, diese vielleicht mit seiner läuferischen Ausdauer in Gewässer treibt und sie dort mit der schwimmerischen Gewandtheit des Eisbären erlegt. WIR werden dann vielleicht immer noch dem verloren geglaubten Paradies nachjammern. SIE freuen sich vielleicht, es gerade erst gefunden zu haben.

Sorry für die langen Beiträge. Auch für mich sind solche Gedanken noch relativ neu, der Purismus liegt auch bei mir noch nicht lange zurück. Aber die Gedanken finden in so vielen Diskussionen hier im Forum neue Nahrung, dass ich sie endlich mal gesammelt und frei von Artthemen loswerden will.
(18.08.2010, 20:07)
Anti-Erdmännchen:   Es gibt tatsächlich die Theorie des dynamischen Naturschutzes (ich weiß nicht, ob dies schon der offizielle Begriff dafür ist; Google findet zumindest was dazu). Ich halte bisher nicht so viel davon. Wenn man bedenkt, daß die Evolution der meisten heutigen Arten doch zehntausende Jahre oder noch weitaus länger dauerte, wir Menschen uns aber erst seit wenigen Jahrzehnten mit so etwas beschäftigen, dann scheint mir die Erhaltung des Status Quo erst einmal das naheliegendere Ziel zu sein. Andererseits wiederum verändert der Mensch in kürzester Zeit die Bedingungen, auf die sich die Natur einzustellen hat. Aber kann man es denn überhaupt Naturschutz nennen, wenn es bloß darum ginge, der Natur beim Anpassen an die sich verändernden Bedingungen nicht im Wege zu stehen? Da kürzen sich doch die Mechanismen gegenseitig weg und heraus kommt einfach ein Nichts.

"Dass die Paarungen zwischen Hund und Wolf nicht vom Menschen erzwungen werden, sondern von beiden Tierarten freiwillig vorgenommen (...) werden"

Gibt es in der Tierwelt eigentlich auch Vergewaltigungen?
(18.08.2010, 19:34)
Ralf Sommerlad:   @Michael Mettler: Ein sehr interessanter Thread, ich bin gespannt auf die Diskussion. Zum Kuba-Krokodil haben wir das - Sie haben Recht - an anderer Stelle andiskutiert. Ich bin, bezogen auf diese Art, noch immer der Meinung, dass möglicher Weise es zu einer fortschreitenden Naturhybridisierung gekommen wäre auch ohne die verderblichen Einflüsse des Menschen auf die schrumpfenden Habitate..aber wie gesagt nur möglicher Weise. Ursächlich für das, was auf Kuba geschieht, ist aber zu 90 % menschlicher Einfluss und Bemühungen zur Erhaltung einer dadurch verschwindenden Art gehören in unsere Verantwortung, meine ich. Zudem wird das Kuba-Krokodil noch immer illegal bejagd, obwohl die deutliche Zunahme der grösseren kubanischen Spitzkrokodile, deren Häute weit weniger begehrt sind, letztlich auch menschlichem Einfluss zu verdanken ist und ein Management erforderlich wäre. Ausserdem kommen noch entkommene Farmhybriden und der dadurch entstehende Druck auf die reinerbigen Kubaner hinzu - es ist eine ganze Kette von Umständen, die man zum Teil vielleicht als evolutionär ansehen kann...
(18.08.2010, 17:46)
Michael Mettler:   Ich greife den Vorschlag von Henry Merker aus dem "Waldelefanten"-Thread auf und eröffne zu diesem Thema einen eigenen, artunabhängigen Diskussionsstrang.

Inwieweit nur fossil bekannte Vorfahren heutiger Tiere getrennte Arten oder "nur" Unterarten waren, dürfte äußerst schwer festzulegen sein. Erstens deshalb, weil und längst nicht alle fossilen Überreste bekannt sind bzw. nur wenige Lebensräume sowie passende Umstände überhaupt eine Fossilierung erlauben. Sehr viele, wahrscheinlich sogar die weitaus meisten früheren Lebensformen würden uns also nicht mal dann bekannt werden, wenn wir die gesamte Erde quadratmeterweise durchwühlen könnten. Und dabei bliebe noch immer unberücksichtigt, dass z.B. Versteinerungen ja keine organisch untersuchbaren Tierreste darstellen, sondern lediglich mineralische Abdrücke/Abgüsse derselben.

Zweitens versagt das Schubladenkonzept der Unterart-/Art-/Gattungsklassifizierung im evolutionären Ablauf. Wie sagte Hannovers früherer Zoodirektor Dittrich mal so treffend: "Ab wann war denn eine Thomsongazelle eine Thomsongazelle und nicht mehr ihr unmittelbarer Vorfahre?" In einen fließenden Vorgang Grenzen zu setzen, ist eben auch mit Willkür verbunden und unnatürlich.

Deshalb muss es auch nicht sein, dass nach einer Hybridisation die Elternformen (ich drücke mich mal vorsichtig aus, es gibt schließlich auch Gattungshybriden) ausgestorben sind. Wenn ein Großteil ihrer Gene in der Hybridpopulation "weiterlebt", kann man sich trefflich über die Definition streiten, ob der Ursprung wirklich verschwunden ist oder sich einfach nur verändert hat. Letzteres tun nämlich einzelne Taxa ohne Hybridisation durchaus auch (z.B. Anpassungen in Größe und Färbung), ohne dass man deshalb die Ausgangsvariante unbedingt als ausgestorben bezeichnen muss.

Beispiel: Die Naturhybriden aus Äthiopischem Wolf und Haushund. Erste Frage: Ist ein solcher Hybride ein Haushund mit Wolfsanteil, ein Wolf mit Haushundanteil oder eine ganz neue Lebensform? Zweite Frage: Wenn nicht in erster Generation, ab wann würde die Definition "neue Lebensform" gelten und wer legt nach welchen Kriterien den Maßstab fest - die Natur oder die Wissenschaft? Dritte Frage: Fließt in die Bewertung durch die Wissenschaft die Frage mit ein, ob die Hybridform eventuell für ihre heutige Umwelt sogar "tauglicher" als die Wildart und die eigentlich nicht im Lebensraum heimische Haustierform ist? Aus Sicht des Äthiopischen Wolfes könnte die Einbringung von Genen einer als äußerst flexibel bewährten Fremdart nicht seinen Untergang, sondern durchaus auch bessere Möglichkeiten für die Zukunft in einer sich verändernden Umwelt bedeuten. Dass die Paarungen zwischen Hund und Wolf nicht vom Menschen erzwungen werden, sondern von beiden Tierarten freiwillig vorgenommen und die zwangsläufig vom Normalen abweichenden Jungtiere ohne Umstände aufgezogen werden, sollte uns ordnungswütigen Menschen zu denken geben.

Ich habe schon mal an anderer Stelle im Forum geäußert - ich glaube, in Zusammenhang mit den Krokodil-Naturhybriden auf Kuba - dass das Prinzip "Conservation" als Erhaltung eines gewohnten, aber im Schwinden begriffenen Zustandes das Risiko beinhaltet, eine Weiterentwicklung aus Angst vor Veränderung zu unterbinden. Das Wortspiel mit der Konserve liegt auf der Hand: Ich kapsele etwas von seiner Umwelt ab, damit es so bleibt, wie ICH es erwarte, und nehme ihm damit die Chance zur Weiterentwicklung. Und das bitte ich jetzt nicht auf die Zootierhaltung zu beziehen, sondern auf die Anwendung von "Rassestandards" bei Wildtieren (einschließlich der Naturhybriden mit Haustieren oder eingeschleppten/eingewanderten Arten) sowie auf die Einstellung, einen zu einem willkürlichen Zeitpunkt vorhandenen Entwicklungsstand einer Tierart als den auch für die Zukunft einzig erstrebenswerten zu betrachten und unter Ausschluss von Abweichlingen zu erhalten. Niemand weiß nämlich heute, ob wir damit ein Versuchsmodell der Natur, ein Erfolgsmodell oder ein bereits als nicht tauglich erwiesenes Auslaufmodell fördern.

Als Beispiel nehme ich den Blaubock: Nach zeitgenössischen Schilderungen war er zu Zeiten der Kolonisation Südafrikas eine sehr seltene Antilope, was natürlich seine schnelle Ausrottung begünstigte. Aber wissen wir, WARUM er so selten war? Stellte er eine Neuentwicklung dar, die wir Menschen im Keim erstickten, beschleunigten wir nur seinen bereits durch die natürlichen Verhältnisse erzwungenen Untergang, oder war es GERADE sein Erfolgsrezept, in niedriger Populationsdichte zu leben? Diese Fragen lassen sich auf viele heute lebende, seltene Tierarten übertragen. Und vielleicht stellt Naturhybridisation für manche von ihnen einen Ausweg und keinen beklagenswerten Zustand dar.

@Henry Merker: Ich habe die Milu-Theorie so in Erinnerung, dass neben dem Leierhirsch der wapitoide Edelhirsch-Stamm beteiligt war, der auch heute noch in Ostasien lebt.
(18.08.2010, 12:01)

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