Forum

-> alle Kategorien des Forums (hier geht es auch zur Stichwortsuche)


Beitrag hinzufügen
Name: (= Nachname) Passwort: (= Kundennummer)
Sie haben noch keine Login-Daten? Hier können Sie sich anmelden!
Beitrag:
Bei längeren Beiträgen empfehlen wir, den Text in einem Textprogramm zu verfassen und aus der Zwischenablage einzukopieren.
Link zu anderen Medien:
Bitte anklicken, wenn Ihr Beitrag in erster Linie einen Link zu anderen Medien (Zeitungsmeldung etc.) darstellt.
Foto:
(gif/jpg/png / Dateigröße max. 2MB)

Raubtierhaus Basel und die Folgen



IP66:   Ich will versuchen, es zu erklären: Die beiden rechteckigen Blöcke, gegeneinander verschoben, angeordnet und durch einen Gang verbunden, zeigen engste Verbindung zu jener Bauhaustradition, die man nach dem Krieg besonders pflegte und die gerade die sehr frühen Raubtierhäuser, etwa die in Karlruhe oder Basel, entscheidend prägte. Der Struktur nach sind sie geeignet, auf vergleichsweise engem raum relativ viele Arten unterzubringen.
Die drei Freianlagen möchte Herr Graffunder anscheinend nicht im Kontext des Hauses sehen, sie stehen daneben, was haltungstechnisch gar nicht so einfach zu berwerkstelligen sein wird, da es Verbindungen zum Haus nur in Gestalt langer Treibgänge geben kann.
Diese Freianlagen stehen in einer anderen Tradition, zunächst in der der stellinger Löwenschlucht. Da für die Rückwände jedoch viel Platz vorgesehen ist und auch die gezackten Umrißlinien dafür sprechen, rechne ich mit einer geplanten Umsetzung in Naturstein, wie sie der selbe Architekt in ähnlich strukturierten Anlagen in Friedrichsfelde verwirklicht hat - wie dies erstmalig in der Löwenanlage in Berlin, am dortigen Bärenfelsen oder in Nürnberg realisiert wurde, allesamt vom nationalsozialistischen Regime finanzierte Projekte. Ein Nebeneinander solcher Raubtieranlagen gab es meines Wissens nach erstmalig in Nürnberg, im vielleicht prestigeträchtigsten Teil dieses Reichsparteitagszoos. Interessanterweise zeigen Raubtierfreianlagen, die vor 1933 entstanden, etwa jene in Halle oder Leipzig, weder Naturstein noch eine so naturnahe Form, wie sie dann in Berlin oder Nürnberg realisiert wurde.
Eine andere Frage ist natürlich die, wie wir diese Übernahme bewerten. Die nürnberger resp. die berliner Anlagen stellte ja in den 50er und 60er Jahren die gleichsam neuste Form der Raubtierhaltung vor, ganz unabhängig von einer Bewertung der politischen Umstände, unter denen sie entstanden. Mit den Raubtierhäusern in Basel und Karlsruhe entstand zwar ein neuer Gestaltungstyp solcher Bauten, den man gerade in er Bundesrepublik sicher auch als modern, demokratisch und nicht in der Tradition faschistischen Bauens verstand, doch man konnte ihn, zumindest für Löwen und Tiger, auch als Rückschritt empfinden, weil die Tiere micht mehr barrierefrei betrachtet werden konnten und ihnen auch weniger Platz zur Verfügung stand.
Die Herren Graffunder und Dathe haben mit dem Brehm-Haus dann ja auch einen anderen, ziemlich bauhausfernen Weg beschritten, allerdings um den Preis, die monumentalen Felsanlagen beizubehalten, während man in Westeuropa eher versuchte, Freianlagen auf der Grundlage abstrakten, natursteinfreien Bauens zu enztwickeln.
Die Frage ist dann die, wer welche Entscheidung für welche Form wie begründete. Ich denke, daß es nie gelingen wird, dergleichen Entscheidungen rein ästhetisch oder rein politisch zu definieren - ich denke aber auch, daß gerade das zeigt, daß dergleichen Formfindungen immer durch gesellschaftliche, ästhetische und eben auch politische Aspekte beeinflußt sind und deshalb auch in gewissen Traditionen stehen.
(17.09.2009, 11:53)
Oliver Jahn:   Ich habe mir jetzt den kleinen Planauschnitt mehrfach angesehen. Wie bitte kann man in diese Skizze Freinalagen faschistischer Herkunft hinein interpretieren?
(16.09.2009, 20:29)
IP66:   Was die Graffunder'sche Planung angeht, so finde ich interessant, daß er die modernen Kuben des Raubtierhausbaus mit den Freianlagen faschistischer Provenienz kombiniert, allerdings ähnlich wie in Friedrichsfelde versucht, letztere von ersterem so weit wie möglich wegzuschieben. Ich stelle mir nach wie vor die Frage, ob Herr Graffunder oder Herr Dathe diese Felsgebirge unbedingt wollten, aber unabhängig davon gelang es dem Architekten wieder einmal, das Vorhandensein der Gegensätze in spannender Weise auszunutzen - und mit der Bauplanung Westniveau zu erreichen, ohne in den Gigantismus des Brehm-Hauses zu verfallen.
In gewisser Weise bauprägend erwies sich die Kombination von Freianlage(n) und Baukörper auch bei vielen anderen Raubtierhäusern - mit Ausnahme des späten Vertreters in Wuppertal, der allerdings dezidiert errichtet wurde, um eine als veraltet empfundene Anlage beseitigen zu können. Leider kenne ich den Ursprungszustand des karlsruher Raubtierhauses zu wenig, um die dortige Lösung beurteilen zu können - der noch ältere Vorkriegsbau in Halle verwendet zwar auch ein Nebeneinander, allerdings dergestalt, daß er einfach ein klassisches Tierhaus neben eine Freianlage stellt. So viel anders wirkt auch das stuttgarter Beispiel nicht, während der ebenfalls späte münsteraner Bau versucht, aus dem Aufeinandertreffen der Unterbringungsformen architektonische Effekte zu erzeugen.
Ich möchte den Antwerpenern nicht zu nahe treten, zumal die dortige Flächensituation alles andere als einfach war - dennoch scheinen mir Freianlagen wie Käfige dort eine schon ein wenig postmodern angehauchte Schwundstufe zu verkörpern, mit verspielten Formen und großer Nähe zum Tier, aber doch ohne die Wirkungen, wie sie ein Großbau entfalten könnte.

(16.09.2009, 10:23)
Michael Mettler:   Auch wenn das aus zwei Trakten mit Verbindungsgang und Außenkäfigen bestehende Gebäude auf dem beiliegenden Entwurf nicht explizit als Raubtierhaus beschriftet ist, so legt die Verbindung zur Löwenfreianlage und das Umfeld den Zweck doch sehr nahe und damit auch die Ähnlichkeit mit dem Baseler Modell: Gefunden in der Graffunderschen Zielplanung von 1962 für den Rostocker Zoo!
(02.08.2009, 22:45)
Michael Mettler:   Hier die Löwenfreianlage in Antwerpen, von der Struktur her die simpelste unter den vier Freianlagen des Komplexes. Die Tigeranlage ist mehrfach terrassiert, und das galt ursprünglich auch für die beiden Bärenanlagen (Kamtschatka- und Eisbären), die heute gewissermaßen unter der neuen, begrünten Brillenbär-Nasenbär-Doppelanlage "begraben" sind. Die heutige Eingrünung lässt kaum noch erkennen, dass der Komplex bei seiner Einweihung als riesiger, nur wenig mit Halbpalisaden verbrämter Betonklotz an der Bahnhofswand eine völlig andere Wirkung gehabt haben muss als heute.
(31.07.2009, 13:26)
Michael Mettler:   Der Antwerpener Jubiläumskomplex an der Bahnhofswand mit seiner mehrstöckigen Nutzung für Raubtiere, Nachttiere, Delfine (heute Seelöwen) und Greifvögel/Eulen stammt von 1968/69 und passt damit gut in die Entstehungszeit der Raubtierhäuser in Stuttgart (fertig 1968) und Wuppertal (fertig 1970). Einem alten Zooführer nach zu urteilen waren die nicht auf Freianlagen untergebrachten Raubtiere (Groß- und Kleinkatzen) in einer gleichförmigen Käfigreihe untergebracht; der nebenstehende, im letzten Jahr fotografierte Käfig könnte noch diesem Originalzustand entsprechen, weitere Käfige wurden zwischenzeitlich offenbar zusammengelegt und in Richtung Besucherweg erweitert. Zumindest in den 80er Jahren waren einzelne Käfige verglast, ich erinnere mich an Schwierigkeiten beim Fotografieren wegen der Spiegelungen. Der Raubtierbereich des Komplexes hat keinen Besucherraum, und der damalige Zooführer weist - eine Parallele zum Basel-Artikel - betont darauf hin, dass man in den Innenräumen nunmehr gute Bedingungen für eine erfolgreiche Zucht auch schwierigerer Arten geschaffen habe.
(31.07.2009, 13:16)
Michael Mettler:   Die Stuttgarter Löwenfreianlage (die Nutzung für Tiger kam erst später, und m.W. war sie anfangs auch kaum begrünt) erinnert mich dagegen wieder an die hannoversche Raubtier(halb)insel oder den Antwerpener Jubiläumskomplex aus den 60er Jahren (auch den sollten wir in diesem Zusammenhang mal beleuchten) - nur in eher stilisierter Form.
(31.07.2009, 12:29)
IP66:   Zu den berliner Affenhäusern: Da habe ich mich wohl unklar ausgedrückt - natürlich gab es dort zwei Trakte, eventuell waren drei geplant, doch diese waren ungewöhnlich lang.
zu den Raubtierhäusern: Die Verbindung zwischen Basel und Stuttgart scheint mir so eng, wie das bei beim selben Bür0 zu verwmuten stand - allerdings ist vieles in Stuttgart sorgsamer durchgeplant, und manche Struktur, die zumindest in den hier eingestellten Aufnahmen in Basel ein wenig handgestrickt wirkte, kommt in Stuttgart schlüssiger, aus einem Guß daher. Ich denke, daß bei den vier Großbauten, die man in Stuttgart gleichzeitig konzipierte, einfach von Zooseite weniger hereingeredet wurde, zumal in Sachen Raubtiere und Panzernashörner schon in Basel viele Diskussion über Haltungs- und Raumbedarf geführt und somit die Bauaufgaben den Architekten bestens bekannt waren. Allerdings scheint man in der Schöchle-Zeit auch großen Wert auf gute Architektur gelegt zu haben, wenn es darum ging, die Provisorien dauerhaft zu ersetzen - praktisch alle Neubauten dieser Zeit dürften damals als Musterhaft betrachtet worden sein. Die Einschaltung der Freianlage freilich zeigt, daß auch in Zeiten, in denen man die Hagenbeck-Kulissen am liebsten restlos beseitigte, ein Verlangen nach Freianlagen herrschte, wobei das stuttgarter Beispiel mit jeder Betonkante zu behaupten versucht, daß es mit den alten stellinger Ideen nichts zu tun habe. Außerdem verstand sich die Wilhelma ja als Staatszoo und besaß kaum Haltungstraditionen, so daß die große Geste in vieler Hinsicht nahe lag.
Wichtig für Stuttgart scheint mir aber auch der Bau in Karlsruhe zu sein, der in seinem Ursprungszustand sicher mehr an Basel erinnerte als heute und der in dieser architektonisch weltläufigeren Stadt sicher einige Resonanz gefunden hat.
(31.07.2009, 11:33)
Michael Mettler:   Mel macht's möglich (Danke!): Hier das besser verständliche, farbige Original.
(31.07.2009, 10:07)
Michael Mettler:   OK, dann leider nicht in Farbe. Dunkelstes Grau = Außenkäfige, helleres Grau = Innenkäfige, W = Wurfboxen, Linie zwischen Besucherraum und Innenkäfigen = Geländer. Der Bärentrakt war nicht für Besucher begehbar, der schwarze Bereich an den Tiger/Löwen-Außenkäfigen ist der überdachte Außenbereich der Käfige.
(31.07.2009, 09:52)
Michael Mettler:   Ah sorry, die Bildfunktion nimmt kein PDF...
(31.07.2009, 09:43)
Michael Mettler:   Und da machen wir uns Gedanken, ob ONB nicht lange Reihen von Papageienvolieren oder Hirschgehegen als zu langweilig empfindet...

Anbei mein Versuch einer Rekonstruktion der Innengliederung des hannoverschen Raubtierhauses nach Baseler Muster, erstellt mit Hilfe von Mel und eines Bekannten, der das Haus seit seinem Umbau kannte. Als Basis diente der unten eingestellte Hausumriss. Einige Details sind nicht ganz sicher, so der Zweck des Raumes hinter dem Leuchtkasten; da könnte genausogut noch ein abgeschirmter Innenkäfig gestanden haben. Die Heizung ist nur ein Verdacht, denn m.W. war das Haus nicht unterkellert (ich wüsste zumindest keinen von außen sichtbaren Kellerzugang). Selbst beim unteren Windfang bin ich mir nicht ganz sicher, vielleicht war da auch nur eine einfache Tür.

Der Besatz entspricht dem von Anfang/Mitte der 80er Jahre; in dieser Zeit war ich am häufigsten im Haus, deshalb ist er mir so am vertrautesten geblieben. Die beiden großen Tiger-Innenkäfige sowie die Innenkäfige der Leoparden-Panther-Jaguar-Längsseite waren ständig oder zeitweise in zwei Abteile unterteilt, Irbisse, Nebelparder und Löwen wurden damals ständig als Pärchen zusammengehalten (alle ohne Zucht, bei den Löwen bewusst). Der unterste Jaguar-Innenkäfig ist nur eine Vermutung, meiner Erinnerung nach war diese Ecke nicht einsehbar. Der vorliegende Außenkäfig war mit einer hölzernen Schutzhütte ausgestattet und somit für eine ausschließlich Außenhaltung kältefester Tiere gerüstet; hier lebten in den 70ern Goldschakale. Dieser Hausseite genau gegenüber stand das noch heute existierende Giraffenhaus mit seiner Eingangsseite, die Bärenanlage entspricht der momentanen Show-Arena, die obere Schmalseite war nur durch den Besucherweg von den Zebra-Anlagen getrennt, und der rechten Seite gegenüber befand sich die große zentrale Wiese des Zoos, an deren Rand (gegenüber dem Raubtierhaus-Haupteingang) zeitweise das provisorische Affenhaus (Gewächshaus mit Innenkäfigen) stand.
(31.07.2009, 09:40)
Oliver Jahn:   @Michael, vielleicht hat Seifert sie ja bewußt nicht gemeldet. Ich habe mal gelesen, dass er unheimlich viel Kritik geerntet hat, weil er in Leipzig die Amurtiger hortet, andere daran aber nicht teilhaben lässt. Vielleicht war ihm diese Nörgelei zu viel, darum hat er gar nicht erst mitgeteilt, wieviel dieser seltenen Katzen er in seinem Zoo hat. Am 30.06.1967 gehörten 10 männliche und 21 weibliche Amurtiger zum Tierbestand des Zoos in Leipzig.
(30.07.2009, 23:27)
Oliver Jahn:   Nach dem Krieg, bis zur Errichtung der Tiegerfarm wurden 42 Amurtiger geboren, von denen 36 aufkamen.
Dann sah Seifert sich veranlasst, eine neue Anlage zu bauen, weil er einfach nicht mehr wusste, wohin mit den Tigern und weil er gern diese Zucht auf eine breitere Basis stellen wollte.
(30.07.2009, 23:21)
Michael Mettler:   @Oliver: Ich habe durchaus schon leicht widerlegbare Fehler im IZY gefunden, aber für die entsprechenden Jahre sind z.B. Leipziger Nachzuchten von Löwen und Leoparden angeführt (der Zoo hat also gemeldet), aber eben nicht für Tiger - und zwar für keine Unterart und auch nicht für Tiere ohne Unterartangabe.
(30.07.2009, 23:13)
Michael Mettler:   @Karsten Vick: Aber Häuser baut man nun mal hauptsächlich für Besucher. In der Rotterdamer Tigerfarm (das Baudatum habe ich noch immer nicht, sie bestand aber auf jeden Fall in den 70er und 80er Jahren) hatten selbst Sumatratiger nur bessere Hundehütten als "Innenräume", also brauchen auch die nicht unbedingt ein Haus.

Inzwischen habe ich in den alten Baseler Jahresberichten gestöbert. Neben den Eingang des Hauses wurde nachträglich noch ein großer Pumakäfig gebaut, der aber nicht für das Publikum einsehbare, sehr schlichte Schutzräume bekam. Nachdem ich das gelesen habe, fiel mir ein, dass das der bei meinem Erstbesuch mit Schneeleoparden besetzte Käfig gewesen sein muss, den ich nicht mehr in Verbindung mit dem Raubtierhaus in Erinnerung hatte. Die Architekten Rasser & Vadi entwarfen auch das Baseler Nashorn-Zwergflusspferd-Haus (eröffnet 1959), danach anscheinend nichts mehr für den Zoo. Aber unmittelbar daran schloss ihre Zielplanung für die Wilhelma-Erweiterung an, aus der bezeichnenderweise zuerst - wenn auch erst 1968 - Raubtier- und Dickhäuterhaus fertiggestellt wurden. Das verwirklichte Raubtierhaus weicht dabei deutlich in seiner Form von der Ursprungsplanung ab, denn die - ohne Freisichtanlage! - ist in ihrer Form mehr als deutlich an das Baseler Modell angelehnt: siehe nebenstehende Abbildung (aus der Broschüre "Die Wilhelma 1829-1980"). Bei anderen Anlagen (Dickhäuter, Steppentiere) sind Grabenabsperrungen eingezeichnet, deshalb gehe ich davon aus, dass auch das große Vieleck einen Käfig (wahrscheinlich für Löwen) darstellt.
(30.07.2009, 23:08)
Oliver Jahn:   @Michael, dann stimmt wohl das Internationale Zoo Yearbook nicht. Die Tigerin Ussuri, die 1955 in den Zoo kam, warf am 1. März 1959 Vierlinge, ein Männchen und drei Weibchen. Dann starb im gleichen Jahr aber das Zuchtweibchen, so dass die Zucht erst einmal aus diesem Grund zum erliegen kam. Diese Zahlen beziehen sich aber nur auf die Amurtiger. Daneben wurden natürlich auch noch andere Unterarten gezüchtet, wie die ebenfalls im Raubtierhaus gehaltenen Bengalen und die Sumatraner, welche ja auch weiterhin noch im neuen Raubtierhaus gehalten wurden, nach dem die Amurtiger ihre neue Anlage bezogen hatten.
(30.07.2009, 23:07)
Karsten Vick:   Also hauptsächlich wurde doch in Leipzig nicht der teure Besuchergang weggelassen, sondern das teure HAUS, das die Amurtiger aus naheliegenden Gründen nicht brauchten.
(30.07.2009, 22:39)
Michael Mettler:   @Oliver: Die wurde 1968 errichtet. Laut International Zoo Yearbook hatte Leipzig auch in den Jahren 1959-1963 keinerlei Tigernachzucht (für das 1. IZY für 1958 hatte der Zoo anscheinend nicht gemeldet, taucht nämlich bei keiner Tierart auf), 1964 ging es dann mit wenigen Jungtieren (wieder) los und steigerte sich dann rasch (vermutlich wegen Vergrößerung des Zuchttierbestandes). Es scheint also zumindest eine längere Zuchtlücke gegeben zu haben - aus welchen Gründen auch immer. Die 252 Nachzuchten dürften also "Vorkriegskinder" gewesen sein - immerhin in einem alten Raubtierhaus entstanden.

Im Prinzip ist die Tigerfarm doch etwas, was die Auflockerung des klassischen Großraubtierhauses in Trakte konsequent weiterführte: Die Trakte wurden in einzelne Zuchteinheiten aufgelöst und um den (teuren) Besuchergang bereinigt, bildeten aber immer noch einen baulichen Zusammenhang - wie später auch der Magdeburger Katzengarten.
(30.07.2009, 22:32)
Oliver Jahn:   @Michael, genau diese ist gemeint.
(30.07.2009, 21:52)
Michael Mettler:   @Oliver: Welche neue Tigeranlage? Die Tigerfarm?

Dass das Raubtierhaus der Wilhelma Ähnlichkeit mit dem Baseler hat, liegt offenbar nicht nur an bloßem Abgucken: Die Architekten des Baseler Raubtierhauses Rasser & Vadi haben 1960 auch das Erweiterungsgelände der Wilhelma entworfen! Somit könnte also auch z.B. die Trakt-Bauweise der dortigen Dickhäuteranlagen zu den "Abkömmlingen" des Baseler Modells gehören - und vielleicht hat letzteres in Hannover nicht nur das Raubtierhaus beeinflusst: Wenn ich mir das 1962-64 gebaute Giraffen-Antilopen-Haus im Ursprungszustand (also mit noch für Besucher geöffnetem Antilopentrakt) vor Augen halte, dann zeigt(e) es ebenfalls Ähnlichkeiten mit dem Baseler Raubtierhausprinzip, von versetzt angeordneten Stallgruppen über polygonale Außengehege bis hin zur Verwendung von Baustahlgitter für die "Innenkäfige".
(30.07.2009, 21:45)
Oliver Jahn:   @Michael, da ist das Jahr 1955 wohl ein absoluter Ausreißer. Nach Seifert waren bis zur Eröffnung der neuen Tigeranlage bereits 252 Tiger in Leipzig geboren. Die Leoparden, die ja erst deutlich später in die Tigerfarm einzogen haben nur bis 1978 (zu der Zeit waren sie noch im Neuen Raubtierhaus) 261 Jungtiere, lediglich die Jaguare hinken da mit 56 Jungtieren etwas hinterher, dafür sind die Hyänen im alten Raubtierhaus um so fruchtbarer gewesen. Und immer liegt in allen Publikationen die Betonung darauf, dass Leipzig eine der höchsten Ãœberlebensquoten bei den Raubtieren mit über 75% hat. Allerdings wird auch regelmäßig von Handaufzuchten und Hundeammen berichtet. Trotz alle dem würde ich das doch schon als kontinuierliche Zucht bezeichnen wollen, welche natürlich nicht an die 2126 (allein bis 1978) geworfenen Löwen heran kommt.
(30.07.2009, 19:49)
Michael Mettler:   @Oliver, in krassem Gegensatz dazu steht ein Satz im ZG-Artikel über das Baseler Haus: "Wir glauben, mit der geschilderten Haltungsweise einen wesentlichen Beitrag zum Problem der Raubtierhaltung geleistet zu haben." Damit sind wahrscheinlich nicht nur Schaustellungsprobleme (Geruchsbelästigung!), sondern auch Zuchtprobleme gemeint, denn auf die erfolgreiche Nachzucht wird sehr ausgiebig eingegangen. Erfolgreiche und regelmäßige Zucht von Tigern und Leoparden war m.W. noch bis in die 1960er Jahre hinein in Zoos durchaus nicht selbstverständlich, und dass in diesem Haus von Anfang an auch Serval, Karakal und Schabrackenhyäne züchteten (später auch Fossa und Mähnenwolf), würde ich schon als etwas Besonderes sehen. Im Vergleich dazu scheinen Puma und Löwe quasi die "Labormäuse" unter den Katzen gewesen zu sein. Im selben ZG-Band fand ich einen Jahresbericht des Leipziger Zoos von 1955; Katzennachzuchten: kein Tiger, 3 Leoparden, 9 Pumas und 62 (kein Schreibfehler!) Löwen - angesichts dieser Zahl werden jede Mende Hand- bzw. Hundeammenaufzuchten darunter gewesen sein.

M.W. war Rotterdam der erste Zoo, der wirklich kontinuierlich erfolgreich in der Tigerzucht war und Hunderte von Jungtieren aufzog; der Grundstein zur dortigen "Tigerfabrik" (hieß da inoffiziell wirklich so) wurde 1956 mit dem Import von Amurtigern gelegt, es wurden aber auch Sumatraner gezüchtet. Wie Leipzig hatte übrigens auch Rotterdam außerhalb des eigentlichen Raubtierhauses spezielle Tigerzuchtkäfige gebaut (ich versuche mal das Datum herauszubekommen), deren schlichte Hütten für Besucher nicht einsehbar waren.

Basel brauchte keine gesonderte Tigerfarm für die erfolgreiche Zucht. Das mag an den Wurfboxen gelegen haben (mehr Abgeschiedenheit für die Katze als in alten Raubtierhäusern), aber auch daran, dass die Stammmutter der Zucht eine Circustigerin und damit Trubel gewohnt war. In dem Basel nachgebauten Haus in Hannover "rappelte" es ebenfalls sehr schnell - auch bei den Tigern.
(30.07.2009, 17:25)
Oliver Jahn:   Wenn ich all das hier lese, und mir dann noch den "Donnerhall" vorstelle, der durch die Zoowelt ging, dann erstaunen mich die Zuchterfolge von Halle und noch mehr von Leipzig in ihren alten Raubtierhäusern um so mehr. Stellenweise platzten diese Häuser ja aus allen Nähten, so viel aufgekommener Nachwuchs saß darin, und dieses nicht nur bei den gut züchtenden Löwen. Lag das vielleicht daran, dass zu diesen Zeiten noch deutlich mehr Raubtiere von Hand aufgezogen wurden?
(30.07.2009, 15:37)
Michael Mettler:   @IP66: Nach dem Grundriss im Klös-Buch gehörte der Affenhausteil mit der geraden Käfigfront, der heute mit Hutaffen, Brüllaffen usw. besetzt ist, als versetzter Trakt für Niedere Affen schon zur Ursprungsplanung. Ein fünfter Bauabschnitt wurde demnach nicht mehr realisiert, an seine Stelle trat später das Tropenhaus mit geschwungenen Formen und den beiden Felsen-Freianlagen. Die Trennung zwischen Menschenaffen- und Niederaffentrakt war im Original eindeutiger, da man den ersteren durch einen Ausgang verließ, um den letzteren außen herum durch einen gesonderten Eingang zu betreten. Später wurde das baulich so verändert, dass heute alles fließend ineinander führt. Ich meine mich von Anfang der 80er noch an den Originalzustand erinnern zu können; die beiden Eingänge waren meiner Erinnerung nach durch ein Regendach verbunden, und zwischen ihnen stand die aus dem Affen-Palmenhaus über den Krieg gerettete Affenstatue.
(30.07.2009, 14:56)
IP66:   Interessant finde ich, daß man in Herrn Oesterlens Hannover die irregularen Grundrisse aus Basel sogleich in korrekte und auch noch systematisch durchpropotionierte Hexagone umstrukturieren mußte. Ich sehe das als Teil jense Prozesses, in dem die basler Ideen einerseits domestiziert, auf der anderen Seite aber auch in einen in sich konzisen Bau umgedacht wurden.
Die Traktbauweise dürfte sich letztlich vom dessauer Bauhaus-Gebäude ableiten, auch wenn es einige frühere Vorbilder gibt, gerade in der Industriearchitektur. Sie erlaubte es zudem, die verachtete Zeilenbauweise der vorangegangenen Generation aufzulösen. Beim berliner Affenhaus wurde allerdings vermieden, die Bauabschnitte als Trakte erkennbar zu halten, einzig der Bereich, der dann als Tropenhaus nach einem ganz neuen Konzept gestaltet werden sollte, war wohl als ein versetzter Trakt geplant.
(30.07.2009, 13:56)
Michael Mettler:   Anbei eine Aufnahme aus der hannoverschen 100-Jahre-Chronik, welche die "Außenkäfige nach Baseler Modell" zeigt. Ganz links im Bild die noch originale Rückwand des alten Gebäudeteiles. Das Geländer vor der Pflanzung links neben den Käfigen enthielt ein Tor für den Pflegerweg zum linken Außenkäfig (Zugang im rückwärtigen, gemauerten Bereich), durch den hindurch er auch den rechten erreichen konnte. Ob dieser von rechts aus noch einen eigenen Zugang von außen hatte, weiß ich nicht mehr, gefühlsmäßig würde ich es verneinen (kann mich jedenfalls an keine Tür direkt neben dem Haupteingang erinnern).

War Traktbauweise eigentlich in den 50er/60er Jahren gerade "in"? Meine aus dieser Zeit stammende Schule war nämlich auch in mehrere Trakte gegliedert, die durch ähnliche verglaste Zwischengänge (teils geschlossen, teils zu einer Seite hin offen) verbunden waren.

Möglicherweise hatte das Baseler Raubtierhaus auch Einfluss auf das Menschenaffen- und Affenhaus im Berliner Zoo (in vier Abschnitten eröffnet 1959 bis 1965), in den Grundstrukturen sind sich ja Affen- und Raubtierhäuser durchaus ähnlich. Übereinstimmungen wären die (hier aus finanziellen Gründen) gestaffelte Fertigstellung (in der Außenwirkung nicht schlecht, da man so gleich mehrfach Eröffnungen feiern kann), die Trennung großer und kleiner Tierarten einer Verwandtschaftsgruppe in verschiedenen Trakten, der tribünenartige Besucherraum (hier mit Schrägen statt Stufen) und die Nischen und Ausblicke in der den Innenkäfigen gegenüberliegenden Wand. Allerdings benutzte man hier noch konventionelle Eisenstangen-Gitterfronten.
(30.07.2009, 13:37)
Michael Mettler:   Die mit "12" bezeichneten Nischen stehen ja für Kleinsäugervitrinen (damals mit Flughunden und Faultieren nach heutigen Maßstäben nicht gerade glücklich besetzt). Das Haus in Wuppertal verzichtete lustigerweise auf diese Art der Rück- und Zwischenwandauflockerung und bot dort stattdessen Pflanzbeete - die dann in den 90er Jahren in Kleintiervitrinen umgewandelt wurden...

Ich weiß nicht, inwiefern die örtlichen Gegebenheiten in Basel die Lösung mit dem Traktsystem beeinflusst haben. Fakt ist jedenfalls, dass auf der Fläche des Tiger/Löwen-Traktes das alte Baseler Raubtierhaus gestanden hatte, weshalb man das neue in zwei Phasen errichtete: Zuerst wurde der Leoparden/Kleinkatzen/Hyänen-Trakt errichtet, dann zogen dort die Bewohner des alten Hauses ein, das alte Haus wurde abgerissen und der zweite Trakt an dessen Stelle gebaut.

Übrigens wurde auch das Frankfurter Niederaffenhaus (zeitlich erst nach dem Baseler Raubtierhaus entstanden) auf ungewöhnliche Weise errichtet, wie ich letztens las: Zuerst baute man die Freianlagen mit den dafür nötigen Innenräumen, und danach wurden die drei verstreuten "Endpunkte" mit dem zwischenliegenden Gebäude verbunden.
(30.07.2009, 12:49)
Gudrun Koball:   Der Schnitt durch das Haus ist ja interessant. Im ersten Augenblick meinte ich, einen Lägsschnitt durch einen Theaterbau vor mir zu sehen.
Durch den Terrassenförmigen Besucherraum ist auch bei starkem Besucherandrang für weiter hinten stehende Besucher ein guter Blick auf die Tiere gewährleistet. Interessant gemacht!
(30.07.2009, 11:45)
IP66:   In der Tat dürfte der basler Bau für die Häuser in Stuttgart, Karlsruhe oder Wuppertal, vermutlich auch noch für viele andere, vorbildlich gewesen sein. Als Neuheiten würde ich die Auflösung des Gebäudes in Trakte, die leichten Gitter, die asymmetrischen Außenkäfige und die konsequente Tribünengestaltung im Innenraum sehen. Wichtig scheint mir auch die Rückwandauflockerung, einmal durch die mit "12" bezeichneten Unterbrechungen, zum anderen durch die Hyänenanlage. Der neue frankfurter Trakt, dem ich allerdings eine sicherere Durchgestaltung unterstellen würde, scheint mir als Vorbild eine große Rolle gespielt zu haben, einmal wegen des Glaseinblicks, zum zweiten aber auch wegen der Idee, ein Raubtierahus nicht mehr als eine Käfiggalerie zu betrachten, wobei ja dort der Winkel durch die verglaste Voliere inszeniert wurde. Mir scheint das frankfurter Affenhaus den Traktgedanken noch etwas deutlicher zu verkörpern, doch aus der Zwischenkriegszeit könnte man allenfalls Aquarienbauten benennen, die eine derartige Aufteilung besaßen.
Die Bilder scheinen mir allerdings für eine wenig konzise Gestaltung des Gebäudes zu sprechen, viele Durchblicke (immerhin bei publizierten Aufnahmen, die ja eher die inszenierten Perspektiven vorführen) wirken willkürlich, und weder der Schnitt noch der Grundriß überzeugen mich so, wie das die Nachfolgebauten, gerade in Stuttgart und Wuppertal, vermögen. Es könnte sogar sein, daß manche Idee, etwa der Grundriß der Außenkäfige oder die vielen verstellten Blickachsen, den Zweck hatten, sich von dem in der Zwischenkriegszeit für vorbildlich gehaltenen Bau in Zürich zu distanzieren.
(30.07.2009, 11:01)
Michael Mettler:   Eine Neuerung hatte Basel übrigens doch aus Zürich übernommen: Die Verwendung von leichtem Baustahlgitter statt der früher üblichen Eisenstangen. Wurde in Basel allerdings nur bei den Innenkäfigen eingesetzt, die Außenkäfige hatten Maschendraht in den Bewohnern angepasster Maschenweite. Ob die Neuerung allerdings direkt aus Zürich übernommen wurde oder via Umweg (Frankfurt?), wäre eine andere Frage. Nach dem Buch des Schweizer Tierhändlers Ryhiner zu urteilen pflegten die Zoos von Basel und Zürich damals ein ausgeprägtes Nicht-Verhältnis zueinander, was neben der Städterivalität auch persönliche Gründe gehabt haben dürfte: Hediger war m.W. im Unfrieden als Zoodirektor aus Basel geschieden (sein Nachfolger Lang hatte dabei wohl "mitgespielt", wenn ich die Hediger-Lebenserinnerungen richtig im Kopf habe) und hatte dann den Zoo Zürich übernommen. Von daher würde es mich wenig wundern, wenn sich das unter Lang erbaute Baseler Raubtierhaus ganz bewusst vom Züricher distanzieren und Innovation vermitteln sollte.
(30.07.2009, 09:45)
Michael Mettler:   Zum Vergleich das hannoversche Haus ab 1960. Leider habe ich keinen besseren Grundriss, und das Hausinnere versuche ich noch zu rekonstruieren (keinerlei Fotos zu finden!).

Der hier senkrecht stehende Trakt entspricht dem Kernkörper des Großen Raubtierhauses von 1868, die Bärenanlage wurde - ursprünglich als Löweninsel - 1924 drangebaut. Im 2. Weltkrieg verlor das Haus einen der ursprünglichen Turm-Eckkäfige (an der Freianlagen-Seite), der zweite wurde beim Umbau abgerissen, ebenso der rückwärtige mittige Anbau mit Rundkäfig und Kleinraubtierboxen. Die Rückwand (hier die rechte Seite des Rechteckes) blieb erhalten. Dieser Trakt enthielt nach dem Umbau Leoparden, Jaguare, Pumas und Irbisse sowie gelegentlich Nebelparder, Goldschakale, Rothunde und vielleicht auch Hyänen. Vor den Innenkäfigen ein normaler Besuchergang, entlang der originalen Hausrückwand zusätzlich eine durchgehende Empore (nach meiner Erinnerung ca. 40 cm hoch) mit Geländer. Der Vorbau zur Freianlage hin entstand erst beim Umbau und enthielt die Bärenställe; früher befand sich dort der ehemalige, beim Bau der Freianlage nach dorthin geöffnete Zentralzwinger des Hauses.

Oben rechts der "Anbau nach Baseler Modell" (Zitat aus einer Chronik), ständig mit Löwen und Tigern besetzt, gelegentlich auch mit Geparden oder Arten aus dem "alten" Trakt. In der Mitte der Besuchergang, der zu den Innenkäfigen hin abfiel - also keine Treppenstufen wie in Basel, Cottbus oder im TP Berlin, sondern Schrägen. Vor dem Anbau ein gläserner Windfang als Haupteingang mit großen Grünpflanzen und einer Sitzgruppe mit Tisch und Stühlen (vermutlich durch Frankfurt angeregt?). Am unteren Ende des alten Traktes war der zweite, nicht besonders hervorgehobene Eingang (wäre auf dem Bild weit unten zur rechten Seite hinaus); ich meine mich an einen kleinen, unspektakulären Windfang dort zu erinnern.

Der Durchgang zwischen den Trakten enthielt eine Glasfront (auf der Zeichnung die untere Seite), vor der innen wie außen ein Pflanzbeet lag. Wenn ich mich recht erinnere, konnte man von drinnen durch die Scheiben "in der Ferne" die Elefantenanlage sehen.

Andere Tiere wie in Frankfurt (Vögel) oder in Basel (Kleinsäuger/Affen) gab es ursprünglich im Haus wahrscheinlich nicht. Allerdings habe ich eine dunkle Erinnerung an eine Info, nach der im innenliegenden Pflanzbeet zeitweise Papageienständer gestanden haben sollen.
(30.07.2009, 00:06)
Michael Mettler:   Zuletzt ein Schnitt durch das Haus (Leopardentrakt).

Laut Jahresberichten des Zoos gehörte zu der 1954 abgeschlossenen Planungsphase auch eine Studienreise durch Zoos in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Die rückwärtige Hyänenanlage mit Fenster erinnert wie gesagt an das Frankfurter Haus von 1954 (Eröffnung des umgebauten Zustandes), aber anders als dort oder auch in Zürich (1933) sind die Innenkäfige paarweise gruppiert (konnte man durch Entfernen der Trennwände zu großen Käfigen zusammenlegen) und durch die Wurfabteile ergänzt, und die Außenkäfige weichen von der Kubus-Form ab. Der Pflegergang mit den Zugängen zu den Innenkäfigen verlief in Zürich zudem zwischen Innen- und Außenkäfig, seine Oberseite gehörte zur Innenkäfigfläche (kennt man sonst eher aus Affenhäusern). Was an Ideen aus den besuchten Zoos mitgenommen wurde, geht aus dem Jahresbericht leider nicht hervor. Viele Zoos dieses Gebietes hatten jedoch zu dieser Zeit noch Vorkriegsbauten oder sogar solche aus dem vorherigen Jahrhundert, von denen man sich wahrscheinlich nicht viel abschauen konnte, was nicht längst tiergärtnerisches Allgemeingut war.
(29.07.2009, 23:16)
Michael Mettler:   Der Grundriss. Die vier großen Außenkäfige am 1959/60 umgebauten hannoverschen Haus folgten genau dem hier am linken Trakt (Löwen/Tiger) zu sehenden Prinzip, bis hin zur Bepflanzung mit Gräsern zwischen den Käfigen sowie zwischen Käfig und Besuchergeländer. Allerdings waren in Hannover alle vier Käfige oben geschlossen wie der Baseler Tigerkäfig, während man bei den Löwen in Basel das Deckengitter wegließ. Alle übrigen Käfige in Hannover waren allerdings klassisch-kubisch. Auch der verglaste Durchgang von einem Trakt in den anderen wurde in Hannover nachgeahmt (wenn auch nur mit einer Glasseite), hier lagen die Trakte allerdings in rechtem Winkel zueinander.

Die (vermutliche) Innovation der zwischen- und nebengelagerten Wurfboxen je Innenkäfigpaar, die gleichzeitig als Treibgänge zwischen den Käfigen genutzt werden konnten, ist hier sehr schön zu sehen.
(29.07.2009, 23:03)
Michael Mettler:   Innenaufnahmen. Leider ist beim oberen Foto ein wichtiges Detail als vermutliche Baseler Innovation kaum erkennbar, nämlich die Tür, die zwischen den Innenkäfigen der Großkatzen sitzt und hinter der sich ein kleiner Pflegerraum mit den Zugängen zu den Käfigen und eine von beiden Käfigen aus benutzbare Wurfbox befinden.

Wann der am Anfang mit Wanderus besetzte Affenkäfig - auf dem unteren Bild ist er ganz hinten im Gang zu sehen - anderen Zwecken zugeführt wurde, weiß ich nicht. Als ich 1981 erstmals in Basel war, war das Gitter jedenfalls durch Glas ersetzt und die Anlage enthielt eine an das Frankfurter Grzimek-Haus erinnernde Kleinlandschaft mit Termitenhügel für Zwergmangusten.

Das Schaufenster auf dem unteren Bild weist in die Hyänenanlage (1981 mit Mähnenwölfen besetzt), vermutlich nach Frankfurter Vorbild entstanden.
(29.07.2009, 22:53)
Michael Mettler:   Wie im Thread "Heinz Graffunder" angedeutet scheint das alte Baseler Raubtierhaus (erbaut 1955/56 in zwei Teilabschnitten) einen Wendepunkt im Raubtierhausbau dargestellt zu haben. Zoos wie Hannover und Karlsruhe verweisen darauf, für ihre Häuser (Hannover: Umbau, Karlsruhe: Neubau) seinerzeit auf das Baseler Vorbild zurückgegriffen zu haben. Wie weitreichend das in Hannover umgesetzt wurde, war mir aber bis zum Auffinden des Artikels im "Zoologischen Garten" Bd. 24, Heft 3/4 (1958) nicht klar. Aus diesem Artikel stammen die hier eingestellten Abbildungen. Möglicherweise haben nicht wenige Zoos das Baseler Haus für ihre Verhältnisse modifiziert nachgebaut. Ich fühle mich bei den Fotos jedenfalls nicht nur an Hannover, sondern auch an die Häuser in Stuttgart (eröffnet 1968) und Wuppertal (eröffnet 1970) erinnert.

Anbei die Außenansichten, oben die Außenkäfige des Löwen/Tiger-Traktes, unten die des Leoparden-Traktes.
(29.07.2009, 22:45)

alle Beiträge